Polen: Abgeordneter wegen Sexskandal in Haft

Einem Exmitglied der polnischen Partei Samoobrona werden Vergewaltigung und sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Lyzwinski, umringt von Polizisten, im Klinik-Fahrstuhl Bild: dpa

WARSCHAU taz Polens "moralische Revolution" endet in einem Fiasko. Am Sonntag wurde Stanislaw Lyzwinski verhaftet, bis vor kurzem noch Abgeordneter der unlängst aus der Regierung ausgeschiedenen Partei Samoobrona. Er soll sich wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs in mehreren Fällen vor Gericht verantworten. Lyzwinskis drohen bis zu zehn Jahre Haft. Auch Samoobrona-Chef Andrzej Lepper soll in den Sexskandal verwickelt sein. Er könnte der Nächste sein, der in Handschellen abgeführt wird.

Vor kurzem erst setzte Präsident Lech Kaczynski den Innenminister ab, weil dieser angeblich Lepper vor einer Falle des Justizministers gewarnt hatte. Lepper sollte in einem Korruptionsskandal verwickelt werden. Doch nun wackelt auch der Stuhl des Justizministers. Die linksliberale Opposition im polnischen Sejm fordert seine Absetzung, da Zbigniew Ziobro seine Macht missbraucht haben soll, um politische Gegner kaltzustellen. Ziobro schreckte auch vor dem großen Lauschangriff gegenüber kritischen Journalisten nicht zurück und ließ sie abhören.

Dabei hatten Lech und Jaroslaw Kaczynski den Polen "Recht und Gerechtigkeit" versprochen, als sie vor zwei Jahren die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen gewannen. Sie wollten aufräumen mit den postkommunistischen Seilschaften, die nach der Wende 1989 ein neues Machtkartell gegründet und sich im Privatisierungsprozess die besten Unternehmen unter den Nagel gerissen hatten. Sie wollten durch die Entstasifizierung eine "moralische Revolution" durchführen und eine Geschichts- und Europa-Politik betreiben, die den Polen den Nationalstolz zurückgeben sollte.

Doch statt mit der konservativ-liberalen Bürgerplattform ging die nationalkonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) eine Koalition mit der populistischen Bauernpartei Samoobrona und der rechtsradikalen Liga der polnischen Familien (LPR) ein. Die Folge war eine nicht abreißende Serie von Sex-, Korruptions- und Medienskandalen.

Schon im Dezember 2006 hatte Aneta Krawczyk den schwerwiegenden Vorwurf erhoben, den Posten als Sekretärin in ihrer Partei Samoobrona nur gegen sexuelle Dienstleistungen erhalten zu haben. Eingefordert hätten diese ihre Vorgesetzten Lyzwinski und Lepper. Lyzwinski, der auch Vater ihres dritten Kindes sein sollte, habe ihr von seinem Assistenten eine Spritze setzen lassen, die eine Frühgeburt auslösen sollte. Doch das Mittel habe nicht gewirkt. Später stellte das Gericht zwar durch einen Vaterschaftstest fest, dass Lyzwinski nicht der Vater des Kindes sei, doch der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhärtete sich. Auch andere Frauen meldeten sich und berichteten von der Sex-gegen-Arbeit-Praxis in der Partei. Als die Staatsanwaltschaft bat, die Immunität des Abgeordneten Lyzwinski aufzuheben, um ihn vor Gericht stellen zu können, schloss die Samoobrona ihn aus. Der Trick, sich angeblich schwerkrank in einer Klinik behandeln zu lassen, verfing nicht. Der fidele "Kranke", der den Journalisten ein Interview nach dem anderen gab, wurde direkt aus dem Krankenbett verhaftet.

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