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Press-SchlagParvenüs an der Spitze

Kommentar von Markus Völker

Was der vierte Spieltag der Fußball-Bundesliga an Vorhersagen über den Saisonverlauf erlaubt.

Schon Meister? Bild: dpa

D ie deutsche Fußballbundesliga ernährt nicht nur den gemeinen Fußballprofi, seinen Berater und diverse Vereinsfunktionäre, nein, auch für Putzerfische, die ins Maul des Fußballs schwimmen und sich dort ihre Ration für das Wochenende holen, ist gesorgt. Am Runden genesen überdies die Experten, PR-Schreiber mit echtem Journalistenausweis und natürlich auch die Tabellenexegeten.

Sie gehören zu einem Zweig der Wissenschaften, der noch recht jung ist. Die Tabellenexegese ist nicht ohne, weil sie auf der Basis äußerst brüchigen Wissens mit den Mitteln der Hoch- und Wahrscheinlichkeitsrechnung Voraussagen über den Ausgang der Meisterschaft geben muss. Das ist besonders schwierig, wenn die Meisterschaft noch jung an Spieltagen ist. Gerade erst ist der vierte Spieltag zu Ende gegangen. Die Bayern liegen vorn, was die Exegeten forsch davon sprechen lässt, dass die Truppe um den "Narbenschönen" (tazzwei) Frank Ribéry die Schale gewinnen wird. Man ist sich darüber einig, dass es sich nicht um einen Orakelspruch handelt, sondern um gesichertes Wissen über die Zukunft des deutschen Fußballs.

Doch dahinter wird es wirklich spannend. Bochum ist mit vorn und Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld. Was hat das zu bedeuten? Spielen die graugesichtigen Hintersassen etwa eine überragende Saison? Schieben sie sich in den Uefa-Pokal, sogar in die Champions League? Die Exegeten verlieren da ihre Deutungssicherheit und verweisen auf das vergangene Jahr, als zu diesem Zeitpunkt Hertha BSC Berlin an der Tabellenspitze stand und der FC Energie Cottbus auf Platz vier. Eine Laune des Fußballsports hatte sie noch oben gespült. Schnell sanken sie wieder in die Tiefen der Tabelle. Dort gründelten sie dahin. Die Exegeten rechnen jetzt auch damit, dass sich die potenziellen Abstiegskandidaten Arminia und Bochum und Eintracht mit ihrer Rolle bescheiden werden und endlich absinken.

Als Musterspieljahr gilt den Tabellenexegeten die Saison 2005/06, als sich die Favoriten fein säuberlich an der Spitze versammelten: die Bayern, Bremen, Schalke und, nun ja, der Hamburger Sport-Verein. Da stimmte das Verhältnis von Entropie und Chaos. In diesem Jahr ist das noch überhaupt nicht so. Aber je mehr Spiele abgepfiffen werden, desto beschwingter die Exegeten, die dann von "Strohfeuer" sprechen, das "erloschen" ist, von "Parvenüs", die sich "erdreistet" hätten, und von "geordneten Verhältnissen", die sich nun ergeben hätten. Aber zu ihrem Trost gibt es ja jetzt schon die verlässlichen Münchner Bayern, die Theorie und Praxis aufs Schönste miteinander versöhnen. Sie liegen vorn und sie bleiben vorn, sagen die Meister der Vorhersage. Na, wenn sie sich da mal nicht irren.

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