Stammzellen-Kommentar: Unmoralische Chimären

Bei uns ist die Vermischung von menschlichen und tierischen Zellen ein Aufreger - In Großbritannien ist Stammzellenforschung vor allem ein gutes Geschäft.

Großbritannien prescht wieder einmal vor bei der Embryonenforschung. Mit dem Schaf Dolly zeigten britische Forscher schon 1996, dass das Klonen von Säugetieren überhaupt möglich ist. Für das Verfahren reichten sie seinerzeit auch einen Patentantrag ein, der das Klonen von menschlichen Zellen einschloss. Während in vielen anderen Staaten noch darüber gestritten wurde, ob es überhaupt moralisch und ethisch vertretbar ist, dieses Verfahren mit menschlichen Zellen zu wiederholen, gab es von den britischen Behörden keine Einwände gegen die eingereichte Patentschrift.

Inzwischen ist das Klonen von menschlichen Zellen in England gesetzlich zulässig. Selbst mit der Gewinnung von embryonalen Stammzellen haben die Briten keine Probleme - obwohl sie in mehren Staaten, etwa in Deutschland, strikt verboten ist, weil dabei die Embryonen vernichtet werden.

Britische Forscher schreckten nicht einmal davor zurück, Stammzellen in Rumänien einzukaufen, als sie nicht genügend menschliche Eizellen "gespendet" bekamen.

Jenseits der Heilversprechungen, die auf der Nutzung von Stammzellen aufbauen, ist die Forschung an ihnen in Großbritannien längst zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Die britische Regierung finanziert aus diesem Grund die internationale Stammzellbank, die Wissenschaftler weltweit mit den begehrten Forschungsobjekten beliefern soll.

Dass jetzt die britische Fortpflanzungs- und Embryonenbehörde HEFA ihr prinzipielles Ja zur Herstellung von Mischembryonen aus Mensch und Tier bekannt gab, war daher nicht überraschend.

In Hinblick auf die bisherigen Entscheidungen ist es nur konsequent. Die Verwendung von tierischen Eizellen ist durchaus ethisch eher vertretbar als die Nutzung menschlicher Eizellen - vorausgesetzt, es ist sichergestellt, dass die Embryonen sich nicht weiter entwickeln können.

Das Grundproblem aber, dass in der Stammzellforschung menschliche Embryonen zu einem Rohstoff degradiert werden und dass sie vernichtet werden, das bleibt bestehen.

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Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.

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