Philippinen: So korrupt wie populär

Der philippinische Expräsident Joseph Estrada ist wegen illegaler Bereicherung zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seiner Beliebtheit tut das keinen Abbruch.

Wie ein Filmstar obwohl zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt: Joseph Estrada . Bild: ap

MANILA taz Das war ein guter Mittwoch für die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo - und ein rabenschwarzer für ihren Vorgänger und erbitterten Feind, Joseph "Erap" Estrada. Nach einem knapp sechsjährigen Prozessmarathon verurteilte ein Sondergericht in der Hauptstadt Manila den im April 2001 wegen illegaler Bereicherung aus dem Präsidentenpalast verjagten Estrada zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zudem muss er mehr als 15,5 Millionen US-Dollar an die Staatskasse zahlen.

Damit hat der ehemalige Haudegen-Schauspieler Estrada Geschichte geschrieben: Er ist der erste philippinische Präsident, der wegen Korruption und Selbstbereicherung zur Rechenschaft gezogen wird. Estradas Mitangeklagte, darunter sein Sohn Jinggoy, wurden hingegen freigesprochen.

Das Sondergericht, das ausschließlich Korruptions- und Betrugsfälle von Regierungsmitgliedern und Staatsangestellten verhandelt, befand den 70-Jährigen für schuldig, während seiner nur 30 Monate währenden Amtszeit satte 62 Millionen Euro auf seinen Konten angehäuft zu haben. Das Geld stammt laut Anklage aus veruntreuten Steuereinnahmen, gemauschelten Börsengeschäften und Beteiligungen an illegalem Glücksspiel.

"Bis auf weiteres" aber darf "Erap" in seiner Residenz außerhalb Manilas bleiben, in der er seit 2001 unter Hausarrest steht. Ob er je ein Gefängnis von innen sehen wird, scheint fraglich. Denn im Gegensatz zu Arroyo ist "Erap", der die Rolle als Freund der Armen immer überzeugend gespielt hat, im Volk äußerst beliebt - trotz seiner Entmachtung als De-facto-Führer der Opposition gegen Präsidentin Arroyo.

Immerhin 77 Prozent der Hauptstadtbewohner sind einer jüngst veröffentlichten Umfrage zufolge bereit, Estrada seine hemmungslose Bereicherung zu verzeihen. Ein deutlicher Warnschuss in Richtung des Präsidentenpalastes, in dem sich Arroyo gestern hinter Stacheldraht verschanzt hatte. Das aber schien genauso übertrieben wie die 4.000 Polizisten, die das Gerichtsgebäude abschirmten: Statt wie angekündigt 100.000 gingen gestern nur rund 2.000 "Erap"-Anhänger auf die Straße.

Wäre allerdings Estrada gestern freigesprochen worden, wäre das politische Überleben der nach Wahlbetrugs-Skandalen angeschlagenen Arroyo gefährdeter gewesen denn je. Denn die damalige Vizepräsidentin war 2001 ins höchste Amt eingeschworen worden, bevor die Justiz zu Wort kam. Erst eine nachträgliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes legalisierte die Vereidigung.

Estrada nannte das Urteil gegen ihn eine "politische Entscheidung" und trotzte, ganz pathetischer Darsteller: "Ich weiß, dass mich meine Landsleute in ihren Herzen längst freigesprochen haben." In seinem streng bewachten Haus kann der alternde Schauspieler-Präsident nun seine nächsten Auftritte proben: Laut Estradas Anwälten wird der Fall dem Sondergericht zur Wiederbegutachtung vorgelegt, bevor die lebenslange Haftstrafe automatisch vom Obersten Gerichtshof überprüft wird. Viele Gelegenheiten also für "Erap", wieder im geliebten Scheinwerferlicht zu stehen.

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