Telefonwerbung-Kommentar: Verbraucher werden für dumm verkauft

Brigitte Zypris' Gesetzesentwurf greift viel zu kurz. Einfachere Mittel gegen Telefonbelästigung liegen auf der Hand. Warum sie nicht angewendet werden.

In den Telefonzentren der Republik, auch Callcenter genannt, werden in großem Umfang moderne Drückerkolonnen beschäftigt. Die Arbeit dieser "Outbound"-Abteilungen ist es nicht, Kundenanfragen zu bearbeiten, sondern möglichst vielen Menschen zweifelhafte Produkte oder Dienstleistungen aufzuschwatzen. Wie unlauter dieses Geschäft ist, zeigt sich schon daran: Die TelefonistInnen werden auch nach Leistung bezahlt; Leistung wird dabei aber nicht daran bemessen, wie viele Kunden zufrieden gestellt werden, sondern sie resultiert allein aus der Zahl der abgeschlossenen Verträge.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat nun vor dem Treffen der Verbraucherschutzminister in Baden-Baden Pläne vorgelegt, die diese Praktik der unerwünschten Telefonanrufe erschweren soll. Demnach sollen Verbraucher leichter Widerspruch gegen Verträge einlegen können, die am Telefon abgeschlossen wurden. Das reicht aber nicht, denn auf den nahe liegenden Gedanken kommt das Justizministerium nicht: Alle Verträge sollten nichtig sein, die Kunden am Telefon willentlich oder vom Geschwafel der Anrufer im Hirn vernebelt abgeschlossen haben - und zwar so lange, bis die Kunden sie später auf Papier in Ruhe durchgelesen und unterzeichnet haben.

Dass dieses einfache Mittel gegen die Telefonbelästigung nicht angewendet werden soll, nährt einen Verdacht: Zu viele Auftraggeber, etwa Versicherungen und Verlage, brauchen übertölpelte Kunden; zu viele Telefonzentren und -gesellschaften machen mit den schätzungsweise knapp 300 Millionen unerwünschten Anrufen pro Jahr Profit; zu viele technische Ausrüster sind auf die Nachfrage der Callcenter angewiesen. Diese wirtschaftlichen Interessen scheinen die Politik zu hindern, endlich wirksame Maßnahmen gegen die Nepper, Schlepper und Bauernfänger am Telefon zu ergreifen. Zum Schaden der Verbraucher.

Denen bleibt auch künftig nur der Selbstschutz: Sie sollten sofort den Hörer auflegen, wenn Neppanrufe eingehen. Andernfalls droht ihnen, übers Ohr gehauen zu werden. RICHARD ROTHER

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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