piwik no script img

KoalitionsstreitKieler CDU feuert SPD-Innenminister

Die große Koalition in Schleswig-Holstein bleibt bestehen - allerdings ohne ihren umstrittenen SPD-Innenminister Ralf Stegner.

Ralf Stegner muss gehen. Spitzenkandidat will er 2010 trotzdem werden. Bild: AP

KIEL taz So sehen Sieger aus: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen eröffnete am Montagabend gelöst einen Parteitag seiner Landes-CDU in Rendsburg, betonte, nun müsse es um Sachthemen gehen und entschuldigte sich dafür, nicht ganz in der üblichen Form zu sein: "Der Tag war doch ein bisschen anstrengend."

Die Delegierten applaudierten minutenlang - Beifall für den Regierungschef, der an diesem Tag gleich drei Siege errungen hatte: Koalition gerettet, einen Konkurrenten entfernt und die mitregierende SPD geschwächt. Wenige Minuten zuvor hatte Carstensen mitgeteilt, was in Parteigremien und parteiübergreifenden Zirkeln ausgedealt worden waren: Die schwarz-rote Koalition in Kiel, die nach einem Streit um den Innenminister Ralf Stegner (SPD) in ihrer bisher schwersten Krise steckte, bleibt bestehen, Stegner verlässt das Kabinett.

Auslöser des Koalitionsstreits waren Äußerungen Stegners vergangene Woche im Landtag. Der SPD-Politiker wollte die in der Koalition vereinbarte Beteiligung der Eltern an den Schulbuskosten abmildern. In den vergangenen zwölf Monaten war es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen CDU und SPD gekommen, weil Stegner versucht hatte, von Vereinbarungen abzuweichen "Es wäre leicht gewesen, einen Schlussstrich zu ziehen", sagte Carstensen. Er appellierte an die Delegierten: "Wir wollen und müssen die Koalition zum Wohl des Landes fortsetzen." Auch die Berliner Parteispitzen hatten sich in die Verhandlungen eingeschaltet, um den Bruch zu vermeiden. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck sagte, "den Menschen wäre eine Minderheitsregierung der CDU oder eine andere Phase der Unsicherheit nicht zuzumuten".

Stegner, das ist das Zugeständnis an die SPD, wird nicht entlassen, und er muss nicht sofort sein Ministerbüro mit Blick auf die Kieler Förde räumen: Erst am 15. Januar 2008 wird er gehen.

Offiziell scheidet er aus, weil er sich um das Amt des Spitzenkandidaten für den Landtagswahlkampf 2010 bewerben möchte und außerhalb des Kabinetts bessere Möglichkeiten sieht, diesen Posten auszuüben. Er kündigte einen "engagierten und selbstbewussten Wahlkampf" an. Er habe ohnehin das Kabinett verlassen wollen, allerdings ein wenig später. Aber der Jubel in der Partei hält sich in Grenzen: "Dies ist die Grenze dessen, was man mitmachen kann", sagte die Bildungsministerin und stellvertretende Regierungschefin Ute Erdsiek-Rave.

Die schleswig-holsteinische SPD muss sich nun neu aufstellen, um für die Wahlkämpfe - auf kommunaler Ebene im Mai 2008, im Land 2010 - gerüstet zu sein. Will die SPD gegen die CDU und den beliebten Ministerpräsidenten punkten, muss sie eigene Themen setzen - eben das hatte Stegner, der Abgeordneter im Landtag und seit März auch SPD-Landesvorsitzender ist, immer wieder versucht. Um sich als Gegengewicht und Spitzenkandidat zu profilieren, muss er nun einen anderen Posten übernehmen - denkbar wäre der Fraktionsvorsitz. Allerdings kündigte Amtsinhaber Lothar Hay gestern bereits an, im Oktober wieder für sein derzeitiges Amt zu kandidieren. Einen Wechsel ins Kabinett lehnte er ab.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!