Birma: Mönche fordern Militärs heraus

In Birma führen inzwischen die Robenträger den Protest. Sie wollen demonstrieren, bis das Regime untergeht.

Birmas Mönche sind auch vom Monsun nicht zu stoppen. Bild: dpa

BANGKOK taz Ein fünfzehnminütiges Gebet am Sonntagabend um acht Uhr vor der eigenen Türschwelle - zu dieser Protestform riefen Birmas Mönche gestern die Bevölkerung auf. Den vierten Tag in Folge demonstrierten gestern hunderte von Mönchen gegen die Junta. Die Diktatur sei ein Feind des Volkes, man wolle bis zum Zusammenbruch des Regimes demonstrieren, ließ die im Untergrund operierende "Alliance of All Burmese Buddhists Monks" verlauten. Diese Worte dürften Birmas Junta aufschrecken.

In der früheren Hauptstadt Rangun zogen vorgestern und gestern über 1.000 Mönche durch die Straßen - friedlich und ohne Furcht vor den Militärs. Sie trotzten heftigem Regen und sangen unter dem Applaus von Passanten Gebete und Psalmen. Rund 5.000 Schaulustige begleiteten den Marsch zur berühmten Shwedagon-Pagode, dem Nationalheiligtum Birmas. Polizei und Militär griffen nicht ein, anders als vor einigen Tagen in der westbirmanischen Stadt Sittwe, wo Soldaten mit Tränengas gegen die Robenträger vorgingen.

Die Proteste hatten sich vor dem Hintergrund der sich ständig verschlechternden Lebensbedingungen entzündet. Nachdem die Junta bereits im Mai dieses Jahres die Treibstoffpreise erhöht hatte, folgte im vergangenen Monat der nächste drastische Preisaufschlag in dem Land, das als eines der ärmsten Asiens gilt: Daraufhin waren im August etliche hundert Demonstranten auf die Straße gegangen. Bis zu 150 Oppositionelle wurden dabei festgenommen, darunter der prominente Aktivist Min Ko Naing der Gruppe "Studentengeneration 1988" und Anhänger der Partei "Nationale Liga für Demokratie". Dissidenten zu verhaften, ist eine Sache. Doch drakonisch gegen den im buddhistischen Birma verehrten Mönchsstand vorzugehen, wagt das Militärregime nicht. Durch die Mönche hätten die Proteste eine neue Dimension erreicht, sagt Debbie Stothard vom in Bangkok ansässigen "Alternativen Asean Netzwerk zu Burma" (Altsean) zur taz. Der Mönchsstand ist die wichtigste zivile Organisation mit entsprechendem gesellschaftlichen Einfluss. Daher gilt sie als die einzige, die es mit den Militärs aufnehmen kann.

Der Boykottaufruf der "Alliance of All Burmese Buddhists Monks" ist erfolgreich: Seit Tagen weigern sich Mönche, Essen und Geldgeschenke von Angehörigen der Armee und ihren Familien anzunehmen. Die Militärs von dieser buddhistischen Tradition auszuschließen, komme einer Exkommunikation gleich, so Stothard: "Das ist eine öffentliche Demütigung für die Armee."

Noch haben die Proteste nicht das Ausmaß der von Studenten geführten Demokratiebewegung von 1988 erreicht, die das Militär blutig niederschlagen ließ. Beobachter aber gehen davon aus, dass sie weiter wachsen: "Dass die Menschen den Mut haben, öffentlich zu protestieren, haben wir seit Jahren nicht erlebt", so die im thailändischen Exil lebende birmanische Aktivistin Khin Ohmar vom "Netzwerk für Demokratie und Entwicklung". Sie befürchtet jedoch, dass die Militärregierung irgendwann Gewalt anwende, dies sei "die einzige Taktik, die sie kennt".

Vor der gestrigen Sitzung des Weltsicherheitsrats erklärte der UN-Sondergesandte für Birma, Ibrahim Gambari, die aktuelle Entwicklung gebe Anlass zu wachsender Besorgnis. Doch die internationale Staatengemeinschaft ist uneins darüber, wie sie mit der Junta verfahren soll. Während USA und EU drastische Wirtschaftssanktionen verhängten, unterstützen China und Indien das Regime. Debbie Stothard von "Altsean" sieht nur eine Chance: "China, Indien, die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean sowie EU und USA müssen Reformen fordern, dann gibt es für die Generäle keinen Ausweg."

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