Birma: Hilfe von ganz oben
Die von Mönchen angeführten Proteste gegen die Militärjunta sind zur Massenbewegung geworden. Der buddhistische Klerus will bis zum Kollaps des Regimes demonstrieren.
Die von Mönchen angeführten Proteste gegen die Militärjunta sind zur Massenbewegung geworden: Augenzeugen haben am Montag berichtet, dass bis zu 130.000 Menschen durch Birmas ehemalige Hauptstadt Rangun gezogen sind. Dies ist die bislang größte Kundgebung, seit die Militärs die von Studenten geführte Demokratiebewegung 1988 blutig niedergeschlagen hatten. Damals wurden mindestens 3.000 Menschen ermordet, darunter auch Mönche. In der zweitgrößten Stadt Mandalay gingen die Demonstrationen ebenfalls weiter.
Schon am Wochenende hatten sich die Proteste ausgeweitet. Allein am Sonntag gingen bis zu 20.000 Menschen auf Birmas Straßen: Mönche, Schaulustige sowie erstmals auch buddhistische Nonnen. Als besondere Geste galt deren Marsch zum Haus von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Die unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin sei zum Tor gekommen und habe den Mönchen unter Freudentränen "Gut gemacht!" zugeflüstert.
Unterstützung für die Proteste signalisierte gestern auch das Auswärtige Amt in Berlin. Außenamtssprecher Martin Jäger sagte: "Wir bekunden unsere Sympathie mit den friedlichen Demonstranten." Zugleich wurde die Junta vom Ausland aufgefordert, die schätzungsweise mehr als 1.000 politischen Gefangenen in Birma freizulassen, einschließlich von Aung San Suu Kyi.
Zu den Protesten aufgerufen hatte die Alliance of All Burmese Buddhists Monks. Die in Rangun ansässige Organisation unterhält Klöster im gesamten Land. Nach eigenen Angaben arbeitet sie im Untergrund und hat seit Beginn der Proteste einen Boykott besonderer Art initiiert: Viele Mönche weigern sich seitdem, von Angehörigen der Armee und deren Familien Essenspenden oder Geldgeschenke anzunehmen. Damit schließen die Mönche die Militärs von einer buddhistischen Tradition aus, was einer öffentlichen Demütigung gleichkommt: "Der Gesichtsverlust für die Armee ist enorm", sagt Debbie Stothard vom Alternativen Asean Netzwerk für Burma in Bangkok.
Der buddhistische Klerus hat außerdem erstmals die Zivilbevölkerung aufgefordert, sich den Protesten anzuschließen. Bis zum Zusammenbruch des Regimes werde man demonstrieren, verkünden die Mönche öffentlich. Bei den Massendemonstrationen waren auch Studenten präsent. Die Studentenschaft gilt seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1988 als Symbol des Widerstands.
Die Proteste hatten Mitte August begonnen, als sich die miserablen Lebensbedingungen in dem extrem armen Land weiter verschlechtert hatten. "Die Junta hat die Lage völlig verkannt", sagt Debbie Stothard zur taz. Schon im Oktober 2005 seien die Treibstoffpreise drastisch erhöht worden, dann folgten die saftigen Preisaufschläge im Mai und im August dieses Jahres. "Weil das Regime längst die Tuchfühlung mit dem Volk verloren hat, erschien ihnen das nicht so wichtig."
Eine Fehleinschätzung. Aber die Entfremdung zwischen Volk und Militär hat eine lange Geschichte. Die Hardliner um Juntachef Than Shwe haben vor wenigen Jahren einen internen Machtkampf gewonnen, woraufhin im Oktober 2004 der moderate Ministerpräsident Khin Nyunt gestürzt wurde. Khin Nyunt hatte sich vor allem für Zugeständnisse an die unter Hausarrest stehende Suu Kyi und eine politische Liberalisierung stark gemacht. "Die Zeit für die Generäle läuft ab, und Khin Nyunt ist einer derjenigen, die das erkannt haben", sagten Beobachter damals.
Laut Debbie Stothard hat sich das "Regime zu sehr in Sicherheit gewogen". Denn noch im Januar dieses Jahres war eine von den USA eingebrachte UN-Resolution, die ein Ende der Unterdrückung in Birma gefordert hatte, im Weltsicherheitsrat am Veto Chinas und Russlands gescheitert. Wie die Junta sich nun in der für sie bedrohlichen Lage verhalten wird, ist unklar. Dass sie noch nicht gewaltsam gegen die Proteste vorgegangen ist, führen Beobachter vor allem auf den massiven Druck Chinas zurück.
China nämlich ist der treueste Verbündete des Militärregimes, das von den westlichen Staaten geächtet wird. Die Volksrepublik braucht vor allem die zahlreichen Öl- und Gasvorkommen Birmas, um die boomende Energienachfrage befriedigen zu können. Auch will China ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Peking um jeden Preis eine Konfrontation vor der eigenen Haustür vermeiden. Ein südostasiatischer Diplomat: "Wenn die Militärregierung nun irgendetwas unternimmt, wird das auch dem Image von China schaden."
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