Kommentar contra GDL: Die Lokführer fahren ins Abseits

Die Gewerkschaft der Lokführer verunsichert die Kunden und spaltet die Gewerkschaften.

Streiks müssen den Unternehmern wehtun - andernfalls wären sie unwirksam. Dass bei Arbeitskämpfen die Kunden des bestreikten Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen werden, liegt in der Natur der Sache. Insofern scheint es nur konsequent zu sein, dass die Lokführergewerkschaft GDL jetzt eine Verschärfung ihrer Gangart androht und künftig ihre Streiks nicht mehr im Voraus ankündigen will. Für die Kunden ist das allerdings ärgerlich, denn sie wissen im Ernstfall nicht, ob der Zug, in den sie sich setzen, sein Ziel erreicht.

Der Kurs der GDL, deren Zustimmung in der Bevölkerung bröckelt, ist ohnehin fragwürdig. Zwar hebt sie sich in Sachen Bahnprivatisierung wohltuend von den handzahmen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA ab, die die Pläne von Bahnchef Hartmut Mehdorn mittragen, weil für sie und ihre Klientel eine privatisierte Monopolbahn besser als eine zerschlagene ist. (Dass die Privatisierung demnächst zu Recht scheitern dürfte, konnte vor einem halben Jahr niemand ahnen.) Mit ihrem tarifpolitischen Alleingang aber spaltet die GDL die Bahnbeschäftigten im Konkreten und die Gewerkschaften im Allgemeinen. Hat sie damit Erfolg, könnten andere Berufsgruppen folgen.

Sollten künftig Berufsgruppenorganisationen statt Einheitsgewerkschaften das Sagen haben, hätten es die Arbeitgeber leicht. Sie könnten die Berufsgruppen gegeneinander ausspielen. Am Ende würden wenige - schwer austauschbare - Spezialisten profitieren, alle anderen kämen weiter unter Druck. Sinkende Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen für viele wären die Folge.

Dass die Einheitsgewerkschaften stagnierende Reallöhne in den letzten 15 Jahren nicht verhindern konnten, ist kein Grund, ihre Existenzberechtigung in Frage zu stellen, sondern ein Aufruf, sie zu stärken. Denn eines ist sicher: Mit einer zersplitterten Gewerkschaftsbewegung sähe es in vielen Branchen noch schlimmer aus. Und: Der Lebensstandard eines Durchschnittsarbeitnehmers ist in Deutschland im europäischen Vergleich relativ hoch - auch wenn anderswo manche Gewerkschaften radikaler auftreten.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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