Arbeitslosengeld I: Eiertanz mit Merkel

Kanzlerin Merkel mischt sich in den Zwist um das ALG I ein - ohne sich öffentlich festzulegen. Derweil deuten Koalitionspolitiker einen Kompromiss an.

Merkel sagt, was sie über Becks Vorschlag denkt. Hinter verschlossenen Türen. Bild: dpa

BERLIN taz Die Auseinandersetzung in der großen Koalition um das Arbeitslosengeld nimmt bizarre Züge an. Hinter den Kulissen deutet sich ein Kompromiss an. Offiziell aber verharren alle Beteiligten in ihren Positionen.

Die Lösung, die viele Koalitionspolitiker für möglich halten, könnte so aussehen: Die Union geht auf den Wunsch von SPD-Chef Kurt Beck ein, älteren Arbeitslosen etwas länger Arbeitslosengeld I zu zahlen, ohne bei Jüngeren zu kürzen. Im Gegenzug werden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung - wie von der Union gewünscht -, deutlicher als geplant gesenkt. "Klar ist: Beide Seiten müssen am Ende etwas vorweisen können", sagte ein CDU-Regierungsmitglied der taz. "Am Ende werden wir eine Lösung haben, wo wir uns ein Stück bewegen."

Doch noch ist es nicht so weit, die Stellungskämpfe halten an. Die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel äußerte sich am Dienstag erstmals zum Thema - aber nur hinter den verschlossenen Türen der Unionsfraktion. Ihr Regierungssprecher erklärte am Mittwoch, er könne leider nicht sagen, welche Meinung die Kanzlerin vertrete. SPD-Chef Kurt Beck wiederum tat seine Meinung erneut kund, ließ wichtige Interview-Aussagen jedoch sofort dementieren.

Die eher simple Frage, ob ältere Arbeitslose mehr Geld bekommen sollen, hat durch den Führungsstreit in der SPD eine derart hohe symbolische und machtpolitische Bedeutung bekommen, dass alle Beteiligten klare Festlegungen vor dem SPD-Parteitag Ende Oktober scheuen.

Merkel kann nicht ignorieren, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung für eine Besserstellung der älteren Arbeitslosen plädiert. Außerdem hat dies die CDU auf ihrem letzten Parteitag selbst gefordert - wenn auch auf Kosten von jüngeren Arbeitslosen. Also sagte Merkel auch vor der Fraktion nicht klar Nein zu Änderungen. Dem Wunsch von SPD-Chef Beck, insgesamt mehr Geld aus der Versicherungskasse auszuzahlen, steht jedoch Merkels Ziel entgegen, die Lohnnebenkosten abzubauen. Deshalb betonte sie in der Unionsfraktion, die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung habe für sie "allerhöchste Priorität".

Bisher ist in der Koalition verabredet, die Beiträge ab Januar 2008 auf 3,9 Prozent zu senken. Die Union wünscht sich noch weniger: 3,5 Prozent. Die SPD schien da bisher zögerlich - bis die Zeit am Mittwoch Parteichef Beck mit einem überraschenden Angebot zitierte: "Es geht darum, ob wir eine weitere Senkung auf 3,4 oder nur auf 3,6 Prozent vornehmen können."

Dies aber war offenbar in der SPD noch nicht abgesprochen. In einer korrigierten Interviewfassung, die von der Zeit verbreitet wurde, heißt es nun: "Es geht darum, ob wir eine weitere Senkung vornehmen können." Offiziell gilt jetzt also Becks Satz nur ohne Zahlen. Denn über die muss noch verhandelt werden.

Eindeutig sind dagegen die Zahlen der neuesten Forsa-Umfrage: 80 Prozent der Bürger finden Becks Arbeitslosengeld-Ideen gut, seine persönliche Beliebtheit hat jedoch einen Tiefststand erreicht: Als künftigen Kanzler wollen Beck 14 Prozent. Für Merkel plädieren 60 Prozent der Bürger.

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