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Staudammprojekt in ChinaUmsiedlungen durch Umweltgewissen?

Bis zu vier Millionen Anrainer des Drei-Schluchten-Staudamms sollen noch umgesiedelt werden. Grund: die fragile Ökologie des Ufers. Kritiker bezweifeln umweltpolitische Gründe.

Man nennt es auch "Rückbau": weitere vier Millionen sollen dem Drei-Schluchten-Staudamm weichen. Bild: dpa

PEKING taz Erst war er der Stolz, jetzt wird er zum Sorgenkind der Pekinger Kommunisten: Chinas Drei-Schluchten-Damm, der größte Staudamm der Welt. Nochmals drei bis vier Millionen Anwohner des 640 Kilometer langen Stausees am Jangtse müssen nach Regierungsangaben umgesiedelt werden.

Während des Dammbaus in den letzten 13 Jahren verloren bereits 1,4 Millionen Flussanrainer ihren Wohnsitz. Grund für die neuen Umsiedlungspläne sind die von der Regierung neuerdings eingestandenen ökologischen Folgeschäden des Projekts.

"Die ökologische Umgebung des Stausees ist äußerst anfällig. Sie verträgt keine Überbevölkerung", sagte Yu Yuanmu, Vizebürgermeister der nahen Metropole Chongqing. Bereits an 91 Stellen habe der steigende Wasserspiegel für Anwohner gefährliche Bodenerosionen ausgelöst. Zugleich lobte die Pekinger Zentralregierung die Umsiedlungspläne als großen Schritt für den Umweltschutz.

Schon im Juni hatte sich Peking auf eine neue Drei-Schluchten-Politik festgelegt: Vorrang hat die Lösung der Umweltprobleme, lautete der Befehl des Staatsrats unter Leitung von Premierminister Wen Jiabao. Dazu gehörte das öffentliche Eingeständnis jener Probleme, die Kritiker des Damms seit Jahren beklagen: Erdrutsche, Sedimentablagerungen und die Verschlechterung der Wasserqualität des Jangtse. Ohne Gegenmaßnahmen drohe eine Umweltkatastrophe, sagte der Leiter des Staatsrats-Büros für das Drei-Schluchten-Projekt, Wang Xiaofeng.

Das Schuldbekenntnis der Regierung fiel für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich klar aus. "Es ist ein sehr mutiger, großer Schritt in die richtige Richtung", sagte Wu Dengming, Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation "Grüne Freiwillige" in Chongqing. Wu zählte jahrelang zu den prominentesten Kritikern des Damms. Bisher seien sowohl Peking als auch die lokalen Behörden jeder Diskussion ausgewichen, sagte Wu. Er selbst sei noch vor 4 Jahren wegen kritischer Interviews bedroht worden. Schlimmer erging es dem Staudammkritiker Fu Xiancai, der nach einem Interview in der ARD im Mai 2006 von Schergen der Lokalbehörden verprügelt worden war und so schwer stürzte, dass er bis heute gelähmt ist.

Inzwischen aber sitzen die Kritiker des Projekts auch in der Regierung. Sie haben am Jangtse in den letzten Jahren 1.500 Fabriken schließen und 70 neue Kläranlagen bauen lassen. Sie versprechen, dass bis 2010 70 Prozent aller Abwässer in den Jangtse geklärt werden.

Inwieweit das alles den Anwohnern des Staudamms hilft, bleibt fraglich. Schon in der ersten Umsiedlungsphase kamen Betroffene oft nicht zu der versprochenen Entschädigung - wegen der Korruption vor Ort.

Indes spekulieren Umweltschützer im Westen, dass die umweltpolitischen Gründe für die Umsiedlung nur vorgetäuscht seien. In Wirklichkeit wollten sich korrupte Kader in Chongqing der für den Tourismus lukrativen Ufergebiete des Stausees bedienen.

Von solchen Gerüchten ist die Grundsatzdebatte um den Staudamm unberührt. Befürworter können inzwischen ins Feld führen, dass der Damm jedes Jahr die Verbrennung von 50 Millionen Tonnen Kohle verhindert und damit die chinesischen CO2-Emissionen nicht unwesentlich verringert. Doch die Gegner gewinnen derzeit die Oberhand. Wang Xiaofeng, der Pekinger Projektchef, räumte sogar ein, dass kritische ausländische Presseberichte über den Damm meist nicht von schlechten Absichten, sondern von der Sorge um die Drei Schluchten geprägt seien: "Wir müssen aufpassen!"

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