Frankreich: Söldnerkönig stirbt an Alzheimer

Bob Denard, Leiter unzähliger Militärinterventionen, Söldnertruppen und Umstürze in Afrika, ist tot. Er galt als bewaffneter Arm französischer Geheimdienste.

Selbst ernannter "Korsar der Republik": Söldnerkönig Bob Denard : dpa

BERLIN taz Ironie des Schicksals: Die Person, die wohl am meisten weiß über Frankreichs schmutzige Kriege, stirbt ausgerechnet an Alzheimer. Bob Denard, weithin als "Söldnerkönig" tituliert mit Kampferfahrung in zahlreichen afrikanischen Ländern, ist im Alter von 78 Jahren verstorben, wie am Wochenende bekannt wurde.

Eigentlich hieß er Gilbert Bourgeaud. Seine Militärkarriere begann in Indochina in den 50er-Jahren und endete auf den Komoren um die Jahrtausendwende - ein halbes Jahrhundert schmutziger Kriege, meist ausgeführt mit weißen Söldnern. "Er war der bewaffnete Arm der französischen Geheimdienste, vor allem während des Kalten Krieges", sagt Antoine Glaser, Pariser Spezialist der französischen Afrikapolitik. "Seine Rolle war viel wichtiger, als man damals dachte. Die Söldner konnten Staaten zerstören, die gegen Frankreich und den Westen waren. Es war die Ära des Kampfes gegen die Sowjets, Frankreich war für den Westen der Gendarm seiner Exkolonien, und Bob Denard war der bewaffnete Arm des Westens im Kampf gegen den Ostblock." Sich selbst nannte er, so der Titel seiner Autobiografie, "Korsar der Republik".

Die Liste von Denards Destabilisierungsmanövern ist lang: Militärische Elitetruppen für die Katanga-Separatisten im Kongo 1961-63, Bildung von Söldnertruppen für Jemens König im Kampf gegen Rebellen 1963-64, neuer Einsatz im Kongo gegen die Rebellen des getöteten Befreiungshelden Patrice Lumumba 1964-67, Waffenlieferungen an die Biafra-Separatisten in Nigeria 1968, Einsatz auf Seiten der prowestlichen Unita-Rebellen in Angola 1975, Putsch gegen den ersten Präsidenten der Komoren nach der Unabhängigkeit 1975, Söldneroperationen in Angolas Exklave Cabinda 1976, Putschversuch in Benin 1977, Söldnereinsatz in Rhodesien (heute Simbabwe) 1977, zweiter Putsch auf den Komoren 1978 und dann Chef der dortigen Präsidialgarde.

Das war Denards wichtigste Zeit. Er war der informelle Herrscher über den Archipel im Indischen Ozean vor Afrikas Ostküste. Von dort aus organisierte er Waffenlieferungen an Südafrikas Apartheidregime und an prowestliche Rebellen in Angola und Mosambik und half bei Frankreichs Militäroperationen im Tschad gegen Libyen.

1989, nach einem erneuten Putsch auf den Komoren, evakuierten französische Fallschirmjäger Denard nach Südafrika, von wo aus er 1995 auf den Inselstaat zu einem vierten und letzten Putsch zurückkehrte. Ab Mitte der 90er-Jahre befand sich Frankreich in Afrika auf dem Rückzug. Für eine glaubwürdigere Politik war Denard nicht mehr zeitgemäß. Als Tschads bedrängter Präsident Idriss Déby letztes Jahr darüber nachdachte, Denard gegen Rebellen zu Hilfe zu holen, verhinderte dies Frankreich mit eigenen Militäreinsätzen - aus denen jetzt eine EU-Eingreiftruppe werden soll.

Denard ging in den Ruhestand und schlug sich bis zu seinem Tod mit Gerichtsverfahren in Frankreich wegen des 1995er Putsches auf den Komoren herum - durch fortschreitenden Alzheimer von der Last der Erinnerung zunehmend befreit. Im vergangenen Juli wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt, davon drei auf Bewährung, plus 100.000 Euro Geldstrafe.

Dass Frankreichs einst unwichtigste Kolonie in Afrika zum wichtigsten Betätigungsfeld des Söldnerkönigs wurde, zeugt im Nachhinein vom Irrweg der von Denard verkörperten Politik. Komorische Politiker reagierten auf seinen Tod enttäuscht - sie hatten auf einen Prozess in ihrem Land gehofft. Aber Frankreich stand zu ihm bis zuletzt. Vor Gericht sagte ein ehemaliger Geheimdienstverantwortlicher aus, Denard habe nie gegen französische Interessen gehandelt.

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