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Klaus Wowereit"Einige haben Stimmung falsch eingeschätzt"

Klaus Wowereit hat nichts dagegen, dass der Bahn-Verkauf 2009 Wahlkampfthema wird. Mobilität sei schließlich ein hohes Kulturgut.

Jetzt muss sich die Union erstmal klar positionieren, meint Wowereit. Bild: dpa
Interview von Jens König und Veit Medick

taz: Herr Wowereit, die SPD hat beschlossen, die Bahn nur über die Volksaktie zu privatisieren. Dies wird die Union wohl ablehnen. Ist die Privatisierung der Bahn damit erledigt?

Klaus Wowereit: Nicht unbedingt. Wir haben mit unserem Beschluss strategischen Investoren eine klare Absage erteilt. Wir sagen ganz eindeutig: Eine Teilprivatisierung der Bahn kann nur in Form der Volksaktie realisiert werden. Aber genau das wird die Union wohl nicht mitmachen. Die CDU muss sich erstmal klar positionieren. Es gibt ja auch in ihren Reihen viele Vorbehalte gegen den bislang vorgelegten Gesetzentwurf. Jetzt wird sich zeigen, ob die CDU die Befürchtungen weiter Teile der Bevölkerung ernst nimmt. Viele Bürger fürchten doch, dass mit einer Privatisierung der Bahn wesentliche Leistungen eingeschränkt werden könnten.

Mehrere Landesverbände, auch Ihr eigener wollten die Volksaktie zu einer unverzichtbaren Bedingung für die Privatisierung machen. Kurt Beck hat das verhindert. War sein Eingreifen richtig?

Ich fand es notwendig, dass er in einer kritischen Phase so entschieden gehandelt hat. Es spricht für seine Führungskraft, dass er die heikle Situation erkannt hat. Ich hätte mich aber gefreut, wenn schon vor dem Parteitag ein vernünftiger Kompromiss in unserer Partei gefunden worden wäre. Einige haben da die Stimmung falsch eingeschätzt.

Hätten Sie sich eine radikalere Lösung gewünscht?

Nein. Der Antrag unseres Landesverbands ist im Kern umgesetzt worden. Man kann davon ausgehen, dass auch der nächste Parteitag nur dem Modell der Volksaktie folgt. Mit dem Kompromiss können Kurt Beck, unsere Minister und die SPD gut leben. Der Beschluss verdeutlicht aber auch unmissverständlich die Haltung des Parteitags: Private Investoren dürfen keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausüben.

Platzt die Reform, wird die Bahn 2009 zu einem Wahlkampfthema. Fürchten Sie sich davor?

Warum? Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass die Bahn-Reform ein Wahlkampfthema wird. Die SPD kann den Bürgern mit guten Argumenten klar machen, dass wir ihre Interessen vertreten. Mobilität ist eines unserer höchsten Kulturgüter. Die Bahn muss flächendeckend, also im ganzen Land da sein. Strecken dürfen nicht aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen eingestellt werden. Das würde dem öffentlichen Auftrag der Bahn widersprechen.

Die Botschaft des Parteitags lautet: Die SPD will sozialer werden. Große Emotionen hat aber nur das Thema Bahn geweckt.

Das stimmt so nicht. Heftige Debatten gab es auch bei Umweltthemen. Aber eben nicht über das Arbeitslosengeld I oder die Kinderarmut. Die sozialen Fragen haben wir im Vorfeld des Parteitags geklärt. Was soll daran schlecht sein? Die SPD hat mit einer unglaublichen Geschlossenheit ihre personellen und inhaltlichen Entscheidungen getroffen. Das ist wichtig - gerade mit Blick auf die Wahlen Anfang 2008 in Hessen, Niedersachen und Hamburg. Und wir haben klare Zeichen gesetzt: Soziale Gerechtigkeit steht im Mittelpunkt unseres Programms. Das muss jetzt in jedem Themenfeld durchdekliniert werden.

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