Bahn-Tarifstreit: 1.000 Züge stehen still
In Ostdeutschland wirkt der Streik der Lokführer massiv: Der Güterverkehr ist dort fast komplett lahmgelegt. Im Tarifstreit aber gibt es neue Ideen.
BERLIN taz Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat am Freitag den Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett lahmgelegt. Im Westen blieben zwei Drittel der Güterzüge stehen. Nach Angaben der Bahn waren rund 1.000 Züge betroffen.
"Es wird sehr lange dauern, bis wir wieder normal fahren können", sagte der Logistik-Vorstand der Bahn, Norbert Bensel. Der volkswirtschaftliche Schaden sei immens und wirke sich zunehmend auch auf die Nachbarländer aus. Hunderte Züge warteten schon im Ausland darauf, nach Deutschland einzufahren; der Transport in den Osten stand fast völlig still. 60 Prozent der Güterzüge der Deutschen Bahn fahren über die Landesgrenzen.
Auch der Personenverkehr könnte kommende Woche bestreikt werden. GDL-Chef Manfred Schell drohte mit einer massive Ausweitung des Streiks auf den Nah- und Fernverkehr, sollte die Bahn nicht reagieren. Über Beginn und Dauer eines solchen Ausstands will die GDL kommende Woche entscheiden.
Die GDL forderte unterdessen weiter ein neues Angebot der Bahn für einen eigenständigen Tarifvertrag. "Solange das nicht passiert, wird es keine neuen Verhandlungen geben", sagte GDL-Vize Claus Weselsky. Bahn-Personalvorstand Margret Suckale forderte dagegen Verhandlungen - ohne ein neues Angebot vorzulegen.
Als möglichen Ausweg aus dem Konflikt wird derzeit darüber spekuliert, die Lokführer in eine eigene Servicegesellschaft auszugliedern. Diese könnte dann allen 18.000 Lokführern - sowohl von der GDL als auch von der Konkurrenz-Gewerkschaft Transnet - einen eigenen Tarifvertrag und höhere Löhne anbieten als den restlichen Bahn-Mitarbeitern. Von entsprechenden Überlegungen im Bahn-Vorstand hatte die Financial Times Deutschland berichtet.
Margret Suckale dementierte diese Überlegungen. Die GDL zeigte sich dagegen offen für eine neue Lokführer-Servicegesellschaft. Die Idee sei nicht schlecht, weil hier, anders als bei Ausgliederungen anderer Unternehmen, mit höheren Gehältern zu rechnen sei, sagte der GDL-Vize Günther Kinscher.
Die größere Bahngewerkschaft Transnet nannte die Idee der Ausgliederung eine "Möglichkeit, die wir nicht vorantreiben wollen, aber die man prüfen muss". Das Prinzip der gemeinsamen Vertretung der Lokführer durch Transnet und GDL müsste auch in einer neuen Tochtergesellschaft gelten, sagte Transnet-Sprecher Oliver Kaufhold der taz.
Leser*innenkommentare
Christian Münster
Gast
Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.
Volle Zustimmung
Siegfried Ißmayer
Gast
Wenn Dein starker Arm es willl...
stehen 1000 Züge still, könnte man sagen, wenn man in das längst antiquierte 2-Klassendenken verfällt. Aber es ist nun mal so, unsere Gesellschaft, eingekeilt zwischen Sozialismus und Kapitalismus, will es nicht anders. Also Kampf! Was der einen Seite in diesem System recht ist, kann der anderen nur billig sein, selbst wenn das gemeinsame Boot abzusaufen droht. Die Hauptsache: man verhält sich systemisch. Von Alternativen dazwischen, man nenne sie "dritten Wag" oder wie auch immer, keine Spur.
Na GDL, dann kämpft mal schön, das ist immer noch verständlicher, als das, was die Schlaffis und Systemstabilisierer von den restlichen Gewerkschaften in den letzten Jahren gezeigt haben!