Präsidentschaftswahlen in Slowenien: Konservative Niederlage
Der Sozialdemokrat Danilo Türk entscheidet die zweite Runde der Präsidentenwahlen für sich. Ein klares Votum gegen die konservative Regierung von Janez Jansa.
Die Umfragen waren zwar schon sehr positiv. Doch dass der 55-jährige Spitzendiplomat und Völkerrechtler Danilo Türk am Sonntag bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in Slowenien 68,26 Prozent der Stimmen erhielt, war dann doch überraschend. Der Sieg des vom linksliberalen Lager unterstützten langjährigen Botschafters seines Landes bei der UN bedeutet zudem eine schwere Niederlage der konservativen Regierung. Ihr Kandidat, der ehemalige Ministerpräsident und jetzige EU-Abgeordnete Lojse Peterle, landete mit 31,74 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz.
Nach dem ersten Wahlgang hatte es noch gut für Peterle ausgesehen. Er hatte mit fast 30 Prozent der Stimmen einen 6-Punkte-Vorsprung auf Türk und konnte insgeheim auf die Stimmen eines rechtsradikalen Kandidaten rechnen, der fast 20 Prozent der Stimmen errungen hatte.
Mit dem Sieg Türks ist das Pendel in Slowenien zurückgeschwungen. Bei den letzten Parlamentswahlen 2004 wählte das Land noch stramm konservativ. Doch die Regierung verspielte viele Sympathien, als sich der Euro nach seiner Einführung am 1. Januar 2007 als Teuro herausstellte. Den Wählern missfielen auch Eingriffe ins soziale Netz. Indem das Regierungslager zudem die Durchsetzung der Unabhängigkeit von Jugoslawien als alleiniges Verdienst des konservativen Lagers ausgab, bekam nach Meinung vieler Beobachter die Gegenbewegung Auftrieb.
Das Symbol der Unabhängigkeit, der im Volk beliebte frühere Präsident und Exkommunist Milan Kucan stellte sich demonstrativ auf die Seite Türks. "Diese Wahl war nicht nur für Türk, sondern auch gegen Premier Janez Jansa", sagt der slowenische Journalist Ervin Hladnik-Miharcic. Die Rechtsradikalen hatten zudem zur Enthaltung aufgerufen und damit für die relativ niedrige Wahlbeteiligung gesorgt. Sie lag mit 57,78 Prozent um rund 15 Prozent niedriger als bei den Präsidentenwahlen 2002. Mit dem Sozialdemokraten Türk wird es in Zukunft eine Art Kohabitation zwischen dem Präsidenten und der Regierung unter Jansa geben. Zwar hat der Präsident vor allem repräsentative Vollmachten, doch in Slowenien hat er als direkt gewählte Institution traditionell eine hohe moralische Autorität. Das hängt auch mit den starken Persönlichkeiten zusammen, die vorher dieses Amt innehatten.
Mit dem aus Maribor stammenden Türk haben die Wähler einen weltoffenen Mann an die Spitze ihres Staates gestellt, der vier Sprachen beherrscht und lange Jahre im engsten Kreis des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan in New York gewirkt hat. Während dieser Zeit kritisierte er offen den Krieg der USA im Irak und trat für Menschenrechte ein. 2005 kehrte er enttäuscht nach Ljubljana zurück. Er hatte gehofft, nach dem Rücktritt Annans Vize-Generalsekretär der UN zu werden, lauten Gerüchte. Immerhin wurde er zu Hause Dekan der Rechtsfakultät.
Der im internet mit den Wählern chattende Türk will der Gesellschaft Denkanstöße geben - von der Ökologie bis zu den Menschenrechten. Ein Workoholic sei er, etwas humorlos, aber weltgewandt und er habe viele Kontakte auf dem ganzen Globus, meint der Journalist Ali Zerdin. Er sei der richtige Mann zur richtigen Zeit auf einem Platz, der das Land während der EU-Präsidentschaft repräsentieren soll, war gestern der Grundtenor in den Medien des Landes.
Dazu passt das erste Statement des neuen Präsidenten, das er an die europäische Öffentlichkeit richtete. Slowenien sei "ein solider, verlässlicher und glaubwürdiger Partner. Vertrauen Sie auf uns, wir werden eine gute EU-Präsidentschaft führen."
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