Portrait Dieter von Holtzbrinck: Der Mann, der im Alter Neues wagt

Nie trug die Holtzbrinckfamilie einen Streit öffentlich aus. Doch nun bietet der ältere Halbbrüder Dieter gegen den jüngeren, Stefan, um die "Süddeutsche Zeitung".

Dieter von Holtzbrinck (66) bietet um die "Süddeutsche" gegen seinen Halbbruder Stefan. Bild: dpa

Dieter von Holtzbrinck ist 66. Er ist Verleger. Er hat einen tadellosen Ruf. Als er aufhörte, dachte man, er wolle einfach in Rente. Wollte er aber nicht wirklich - ahnt man nun.

Denn jetzt, ein Jahr nach seinem Rückzug aus dem Stuttgarter Holtzbrinck-Verlag, ist er zurück im Verlegerleben: Er bietet um den Süddeutschen Verlag und die Süddeutsche Zeitung mit, gemeinsam mit der Investmentbank Goldman Sachs und als Konkurrent seines alten Unternehmens, das ebenfalls im Rennen ist - ein Anzeichen für eine handfeste Familienfehde. Nie zuvor trug die Familie, die stets viel Wert auf ihren Ruf legte, einen Streit öffentlich aus.

Einundzwanzig Jahre lang ist Dieter von Holtzbrinck Chef der Holtzbrinck-Verlagsgruppe gewesen, bis er letztes Jahr, nachdem er schon 2001 die Leitung des Medienkonzerns abgegeben hatte, auch den Aufsichtsratsvorsitz niederlegte. Das geschah zur Überraschung der Branche, doch dem Vernehmen nach einvernehmlich, und er hatte ein Alter erreicht, in dem das gut denkbar erschien. Dieter von Holtzbrincks Vater Georg hatte den Verlag nach dem Krieg aufgebaut. Unter dem Wirtschaftswissenschaftler Dieter von Holtzbrinck wurde daraus eine Mediengruppe, die unter anderem auch im Buchverlagsmarkt aktiv ist.

Bei Holtzbrinck erscheinen Die Zeit, Tagesspiegel, Handelsblatt, und von Holtzbrincks Halbbruder Stefan führt nun die Geschäfte. Doch dass der Konzern als Garant für Qualitätsjournalismus gilt, dafür hat der öffentlichkeitsscheue Dieter von Holtzbrinck gesorgt. Dass der Verlag zuletzt als favorisiert im Streit um die SZ galt, liegt auch an seiner Arbeit.

Beim Verlagshaus Dow Jones legte er im Sommer freiwillig seinen Aufsichtsratsposten nieder, weil er die journalistische Qualität des Wall Street Journal durch die Übernahme durch Rupert Murdoch gefährdet sah. Von Murdoch heißt es, er greife auch inhaltlich in seine Publikationen ein. Der Protest dagegen brachte von Holtzbrinck weitere Anerkennung aus der Branche ein.

Dass er nun gemeinsame Sache mit der Investmentbank Goldman Sachs macht, verstört: Goldman Sachs gehören zu den Investoren, die nicht länger als ein paar Jahre in ein Unternehmen einsteigen. "Es geht um Weiterverkauf", sagt Martin Dieckmann, der Medienbranchenexperte von Ver.di. Finanzinvestoren steigen in Medienunternehmen ein, zerschlagen sie in Einzelteile und verkaufen dann wieder. Doch Weiterverkauf und Qualitätsjournalismus - die Kombination gilt gemeinhin als schwarzer Schwan: als schwer denkbar, auch wenn nicht bewiesen ist, dass es keinen schwarzen Schwan gibt. Es fand sich halt nur nie einer. Bisher?

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