Poeln vor der EM: Die Deutschen schaffen das
Der Jubel über das EM-Los hält sich in Polen in Grenzen. Dort denkt man schon an die übernächste Europameisterschaft im eigenen Land.
Überschäumende Freude kam bei polnischen Fußballfans nicht gerade auf, als im schweizerischen Luzern ausgerechnet Deutschland als erster Gegner der Euro 2008 ausgelost wurde. Gegen die deutsche Nationalelf hat Polen noch nie gewonnen. Nur Polens Nationaltrainer Leo Beenhakker lächelte zufrieden: "Es gibt keine einfachen Gegner in einer Europameisterschaft. Mit Deutschland, Kroatien und Österreich sind wir in einer sehr guten Gruppe."
Die Österreicher, die gemeinhin als schwächstes Team in der Gruppe eingeschätzt werden, hoffen zumindest auf einen Sieg gegen Polen. Zwar hat Österreich nur eines der letzten Freundschaftsspiele gewonnen, doch Polen ist ein Neuling bei einer Europameisterschaft und möglicherweise dem psychischen Stress nicht gewachsen. Als Beenhakker dies hörte, zog er eine Augenbraue hoch und meinte freundlich lächelnd, aber leicht zweideutig: "Es ist immer eine Freude, gegen den Gastgeber spielen zu dürfen."
Am 8. Juni 2008, 20.45 Uhr in Klagenfurt wird das Spiel Deutschland gegen Polen angepfiffen. Polens Fernsehsender zeigten bereits in Sondersendungen die Austragungsorte der Euro 2008 in Österreich und der Schweiz: Wie sehen die Stadien aus? Was für Hotelkapazitäten gibt es? Wie gut sind die Straßen- und Zugverbindungen? Das Interesse an diesen eher technischen Fragen ist enorm, da Polen und die Ukraine die Euro 2012 ausrichten. Allen sitzt die Angst im Nacken, dass die Riesenaufgabe vielleicht eine Nummer zu groß sein könnte und die UEFA Polen und der Ukraine die Euro 2012 wieder abnehmen könnte.
In Polen müssen drei der sechs benötigten Stadien für jeweils 40.000 bis 70.000 Zuschauer neu gebaut werden. Streit gab es insbesondere über das neue Nationalstadion in Polens Hauptstadt Warschau. Für das Prestigeobjekt will der polnische Staat die Rekordsumme von über 1,2 Milliarden Zloty (rund 400 Millionen Euro) ausgeben. Die Stadt will eine neue Metrolinie zum Stadion bauen, den neuen Flughafen-Terminal nutzen und den Warschauer Zentralbahnhof generalüberholen. Doch lange war nicht klar, welches Architektenbüro den Zuschlag bekommen sollte - das deutsche, das britisch-amerikanische oder das polnische, die es in die Endauswahl geschafft hatten. Während die Sportministerin der bisherigen national-konservativen Regierung das Büro von Professor Stefan Kurylowicz bevorzugte, entschied sich die neue liberal-konservative Regierung Polens Mitte letzter Woche für die deutsch-polnische Firma JSK.
Den Ausschlag gab am Ende die große Erfahrung dieser Architekten, die bereits über 20 große Stadien in der ganzen Welt gebaut haben, darunter diejenigen in Düsseldorf und Gelsenkirchen. Monate zuvor hatte sich bereits die niederschlesische Metropole Breslau für JSK entschieden. Auch die Hafenstadt Danzig gab einer deutschen Firma den Zuschlag. Das Architektenbüro Rhode Kellermann Wawrowsky wird die Baltic Arena an der Ostsee planen, bauen und später womöglich auch 30 Jahre lang betreiben.
Anders als noch vor Wochen stört sich heute in Polen kaum jemand daran, dass nun "die Deutschen" die großen Fußballstadien für die Euro 2012 bauen werden. Mit der neuen liberal-konservativen Regierung unter Donald Tusk ist ein pragmatischer und damit weltläufiger Ton in die öffentliche Diskussion gekommen. Bis Ende 2011 müssen alle Stadien spielfertig sein. Die Polen sind überzeugt davon, dass die Deutschen das schaffen. So pünktlich, wie die immer sind.
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