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Diskussion um ManagergehälterDas Zwanzigfache ist wenig

Obergrenzen für Managergehälter lehnt die Kanzlerin ab, verkündet der Regierungssprecher. Doch verdienen die Bosse, was sie verdienen?

Ex-Siemens-Chef Kleinfeld bekam zuletzt - trotz massiven Stellenabbaus - gut 5,3 Millionen Euro pro Jahr bar. Bild: dpa

MANAGERGEHÄLTER

Was deutsche Vorstandsvorsitzende 2006 verdienten.

1. Wendelin Wiedeking/Porsche: ca. 60-70 Mio. Euro

2. Josef Ackermann/Deutsche Bank: 13,21 Mio. Euro (davon 3,77 Mio. aktienbezogene Vergütung)

3. Henning Kagermann/SAP: 9,03 Mio. Euro (5,63)

4. Wolfgang Reitzle/Linde: 7,37 Mio. Euro (1,46)

5. Dieter Zetsche/Daimler: 7,24 Mio. Euro (2,75)

6. Harry Roels (Nachfolger seit Oktober 2007: Jürgen Großmann): 6,90 Mio. Euro (3,00)

7. Michael Diekmann/Allianz:

5,30 Mio. Euro (1,53)

8. Wulf H. Bernotat/Eon: 4,93 Mio. Euro (1,27)

9. Hans-Joachim Körber (Nachfolger seit November 2007: Eckhard Cordes)/Metro: 4,66 Mio. Euro (0,51)

10. Karl-Ludwig Kley/Merck: 4,50 Mio. Euro

Die Angaben zu Wendelin Wiedeking beruhen auf Insiderschätzungen, da Porsche keine Vorstandsgehälter veröffentlicht. Zu Karl-Ludwig Kley lagen keine Angaben über aktienbezogene Vergütungen vor, bei Harry Roels waren sie laut anderen Quellen auf über

8 Mio. angestiegen (ges.: 12,30 Mio.)

Post-Chef Klaus Zumwinkel wird es nicht erleben, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sein Gehalt kürzt. Im Gegenteil. Zumwinkels Salär wird künftig über die 4,1 Millionen Euro hinaus steigen, die ihm die Deutsche Post AG für 2006 zahlte. Auch Linde-Chef Wolfgang Reitzle (7,4 Millionen Euro) und SAP-Vorstand Henning Kagermann (9 Millionen) brauchen sich keine Sorgen zu machen. Merkels Regierungssprecher Thomas Steg stellte am Montag klar: "Obergrenzen für Managergehälter lehnt die Bundeskanzlerin ab. Eine Initiative für eine gesetzliche Regelung ist nicht geplant."

Der Ton ändert sich mit Ort und Zeit. Vor einer Woche, beim Parteitag der CDU, griff Merkel noch in die Vollen. "Warum wird mit Geld überschüttet, wer auf ganzer Linie versagt?", rief sie unter großem Applaus in den Saal - ohne die Namen Jürgen Schrempp (Ex-Chef von Daimler) und Klaus Kleinfeld (ehemals Siemens) zu nennen. Lobend erwähnte Merkel das Beispiel des japanischen Autobauers Toyota: Dort würden die Chefs nur etwa das Zwanzigfache dessen verdienen, was ein einfacher Arbeiter erhalte - geradezu Niedriglohn im Vergleich zu deutschen Vorständen. Zwar hatte Merkel auch beim Parteitag Zweifel an der gesetzlichen Regulierbarkeit von Managergehältern geäußert. Dass sie die Debatte, die sie selbst befeuerte, nun aber wieder zu löschen versucht, dürfte auch mit ihrem heutigen Auftritt beim Kongress des Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände zu tun haben. Würde Merkel ihre scharfen, vom Parteitag stark beklatschten Angriffe weiter reiten, gefährdete sie das gute Verhältnis zu den Unternehmern, einer wichtigen Klientel der Union.

Verdienen die Manager, was sie verdienen? Diese Diskussion beschäftigt die deutsche Öffentlichkeit seit zehn Jahren. Es ist der Diskurs eines Landes, in dem Wirtschaftsflaute, Staatsverschuldung und Globalisierung das soziale Gefüge durcheinandergebracht haben. Rund 11 Millionen Menschen oder 13 Prozent der Bevölkerung gelten als arm oder von Armut bedroht. Erwerbslosigkeit, Hartz IV sowie die Zunahme prekärer und schlecht entlohnter Jobs haben die materielle Lage vieler Menschen verschlechtert. Mancher sieht sich als Verlierer der Globalisierung. Zu den Gewinnern dieser Entwicklung gehören nach Meinung vieler Bürger dagegen die Manager der großen Firmen und transnationalen Konzerne. Der Milliardenverlust, den Jürgen Schrempp bei DaimlerChrysler verursachte, die Millionenabfindung für Mannesmann-Chef Klaus Esser, das Siegeszeichen von Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann vor Gericht - das sind Episoden einer Entwicklung, bei der das Vermögen der Vorstände rapide stieg, die Einkommen der Beschäftigten aber stagnierten.

Dabei steht die Politik nicht chancenlos vor der Gerechtigkeitslücke. Auch die Gehälter der oberen Zehntausend lassen sich regulieren - grundsätzlich, wenn man es will. Der Deutsche Corporate Governance Kodex, ein Katalog mit Empfehlungen, die sich die Wirtschaft selbst gegeben hat, schreibt vor, dass Aktiengesellschaften die individuellen Bezüge der Manager veröffentlichen müssen. Seit 2005 ist das auch Gesetz. Abfindungen bei vorzeitigem Ausscheiden sollen nicht höher ausfallen als zwei Jahresgehälter, sagt der Kodex außerdem. Auch an diesem Punkt überlegt die SPD nun, die Gesetzesschraube anzuziehen. Das Präsidium der Partei hat gestern eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Fraktionsvize Joachim Poß eingesetzt. Sie soll unter anderem klären, ob der Staat Unternehmen verbieten kann, sehr hohe Abfindungen von der Steuer abzusetzen. Wenn die Firmen den goldenen Handschlag für ihre Chefs selbst bezahlen müssten, wären sie möglicherweise nicht so generös wie heute.

Alle diese Lösungen allerdings gehen am Kernproblem vorbei. Die Höhe des Gehalts lässt sich damit nicht begrenzen. Ist es wünschenswert, dass Porsche-Chef Wendelin Wiedeking dieses Jahr mindestens 60 Millionen Euro erhält? Gegen die Entscheidungsfreiheit der Firmen "kann und sollte man nichts tun", lautet unisono die Antwort von der Union über die SPD und die Grünen bis zum Deutschen Gewerkschaftsbund. Der Berliner Arbeitsrechtsanwalt Lorenz Mayr begründet die grundsätzlichen Vorbehalte so: "Die gesetzliche Begrenzung von Managergehältern würde in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingreifen. Das wirft Verfassungsprobleme auf."

Aber nicht nur juristisch, auch wirtschaftsethisch ist es schwierig, Vorstandsbezüge zu deckeln. Der Tübinger Philosophieprofessor Otfried Höffe meint, es sei schier unmöglich, einen allgemeinen Maßstab für konkrete Gehaltshöhen anzugeben. Warum soll die Band Tokio Hotel Millionen Euro verdienen dürfen, Post-Chef Zumwinkel aber nicht? Höffe plädiert deshalb dafür, nur Rahmenbedingungen festzulegen. Zum Beispiel diese: Die Hauptversammlung als "Parlament" einer Aktiengesellschaft solle öffentlich über die Bezüge des Vorstandes entscheiden. Heute werden die Bezüge im Verborgenen verteilt.

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9 Kommentare

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  • F
    Frank

    Es ist schon richtig, dass der Wert der Managerleistung schwer gemessen werden kann. Unter Wiedekinds Führung beispielsweise hat Porsche sich erheblich gemacht. Das darf und sollte honoriert werden, und schön an der Porsche-Geschichte ist ja, dass es da sehr nachvollziehbar vor sich ging.

     

    Anders sieht es eben aus, wenn gar nicht klar ist, wer wofür was bekommt. Wenn man eine Firma an die Wand fährt, muss man eben auch die Konsequenzen tragen. Und die sollten sein: Man geht, und zwar ohne Bonus oder Abfindung. Ist beim normalen Arbeitnehmer ja auch nicht anders. Die hohen Gehälter werden ja (meinetwegen auch richtig) mit Leistung und Verantwortung begründet. Dann muss man eben aber auch konsequent sein.

     

    Ich weiß nun zugegeben nicht, wie es üblicherweise bei großen Unternehmen zugeht. Aber es scheint doch sehr so, dass da das Maß oft vergessen wird. Das ist menschlich, aber deswegen noch lange nicht in Ordnung.

  • JM
    Jürgen M.

    Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn jemand viel Geld bekommt. Ich habe aber ein großes Problem damit, wenn andere Menschen gleichzeitig wenig Geld bekommen.

    Sofern man die Bezahlung an den jeweiligen Unternehmen festmachen wollte, gäbe es eine ganz einfache Lösung: Die Bezüge der Manager orientieren sich an den niedrigsten im Unternehmen gezahlten Löhnen/Gehältern. Dann wäre zumindest das Auseinanderdriften vorbei. Dass das gesetzlich (noch) anders geregelt ist, weiß ich sehr wohl. Das sollte einen aber nicht davon abhalten, Ideen einzubringen.

  • G
    Gröne

    Diese ganze Diskussion ist einfach von vorne bis hinten lächerlich. Was interessiert es eingentlich jeden, wie viel ein DAX-Vorstand verdient? Ob der jetzt 100 TEUR oder 25 Millionen verdient... das sollen doch letztendlich die Eigentümer der Firma entscheiden. Und die Aktionäre haben das Recht den Vorstand zu entlasten und stellen auch Mitlieder im Aufsichtsrat. Und gerade dort wird die Höhe der Gehälter festgelet. Und wenn die dort verantwortlichen nicht in der Lage sind, die Leistung des Managers richtig einzuschätzen, dann ist das deren Pech (bzw. das der Aktionäre). (Ganz nebenbei ist es schon interessant zu lesen, dass offensichtlich jeder, der zu dieser Diskussion seinen Senf dazugibt, sich qualifiziert dazu fühlt, die Leistung der Manager in Deutschland einschätzen zu können.)

     

    Würden die Vorstände weniger verdienen, würde das Geld übrigens nicht bei den Arbeitern oder Angestellten landen, sondern in Form einer höheren Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet. Wie immer in Deutschland geht es bei der Diskussion nur um eins: Neid, Neid und nochmals Neid.

  • PU
    Peter Uwe Baer

    wer mal eine Aktionärsversammlung besucht hat, weiß, daß dort in der Regel sozialistische Abstimmungsverhältnisse herschen: Die Fonds bzw. die Banken und Lebensversicherungen vereinigen so viel Stimmrechte auf sich (oft um die 98%), daß die Meinung der Einzelaktionäre und Kleinanleger gar keine Chance hat.

    Die abstimmenden Banker und Versicherungsvertreter gehören ebenso der Geldelite an wie die Manager. Insofern existiert auch hier faktisch keine reale Kontrolle. Aktionärsgemeinschaften wie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger oder die Vereinigung der kritischen Aktionäre bemühen sich zwar punktuell um ein Gegengewicht, aber das bleiben Scheindebatten solange sich am Abstimmungsrecht nichts ändert.

     

    Abhilfe könnte hier nur eine Änderung des Abstimmungrechts bringen: So müssten auch die Käufer von Fonds und die Besitzer von Lebensversicherungen die Möglichkeit haben, generell oder für einzelne AGs die Stimmen ihrer Anteile an kritische Aktionärsvertreter zu übertragen. Erst dann wäre eine einigermaßen demokratische Kontrolle gegeben.

     

    Einkommen von Künstlern oder Sportlern sind oft sehr schwankungsanfällig. Fussballspieler mögen zwar für einige Jahre viel Geld verdienen, aber danach müssen Sie sich einen anderen Job suchen.

     

    Würde man einen progressiveren Steuersatz erheben, könnte man die Eingangssteuersätze stark absenken und exorbitante Gehaltssteigerungen würden sich irgendwann kaum noch lohnen.

  • S
    Sgreun

    Traumtänzer

  • JC
    J. Clausen

    Das Thema wird auch dieses Jahr wieder im Schnee versinken, denn warum sollten die Politiker ihre finanzielle Basis gegen sich aufbringen, solange der kleine Mann nur unwohl zusieht und nicht agiert. Ein Geben und Nehmen im Namen des Staates.

     

    Doch der Vergleich mit Tokio Hotel hinkt, denn immerhin 2 Alben, Tourneen und schreiende Fans in ganz Europa sichern den Jungs ihr Einkommen.

    Eine vergleichbare Leistung sind die Manager ihren Konzernen noch schuldig.

  • DH
    Dütsch H.

    Wenn die Manager das verdienen würden was sie an "Gehalt" und Abfindung erhalten, stünde es um die Deutsch Wirtschaft TOPP!

    Aber sie haben einen denkbar schlechten Ruf in der globalisierten Welt. Das sagt doch alles.

  • FM
    Freya Mut

    Also, was ist das wieder für eine unsinnige Begründung: Weil Bands wie "Tokio Hotel", Sportler, wie Boris Becker + Steffi Graf oder auch Schuhmacher, die die Millionen, dann noch ins Ausland verbrachten, so überzahlt entgolten werden, soll das bei Managern oder Politikern nicht beschränkbar sein.

    Umgekehrt wird natürlich ein Schuh daraus, geht es also: Mit der gesetzlichen Vorgabe nicht mehr als das 20- oder von mir aus auch 100-fache des durchschnittlichen Facharbeiters verdienen zu dürfen, könnte jedes solches Gehalt, das höher bestimmt würde automatisch als Überzahlungssteuer abgezogen werden, um sie zweckgebunden für mehr soziale Gerechtigkeit, etwa für ein gesellschaftliches Einkommen einzusetzen. UNd natürlich kann man auch nach dem US-Prinzip, die Steuer immer persönlich erheben und sie sich somit nicht ins Ausland wegnehmen lassen.

    Das wäre gerecht und setzt nur politischen Mut für die soziale Gerechtigkeit des GG voraus. Also mit kann niemand begründen, wieso Starkünstler,-sportler, Manager oder auch Politiker, tausendfach so viel verdienen (und damit wert sein sollen), wie Normalverdiener!

  • A
    Anne

    Alle Jahre wieder...

     

    der Streit um die horendenen Bezüge von Mangergehältern. Wieder ist es an der Zeit Resumee zu ziehen und ein wenig Knatsch in allen Medien zu verbreiten.

     

    Im Januar wird alles in Vergessenheit geraten... Das war schon immer so und bleibt so...

     

    Will sich das rot-schwarze Bündnis noch vor Weihnachten goldene Federn vom Volk verdienen, weil sie jetzt so sozial agieren (müssen)?

     

    Woher stammt der Sinneswandel - von einer heiligen Weihnachtsbotschaft an die ALG II Empfänger oder der Mindeslohnempfänger, der ohnehin unter Mindestlohn schafft? Die Besinnung auf das christliche und soziale Engagement der R+S Koalition vor der Vorweihnachtszeit... sie ist längst vorbei, die Zeit des Vertrauens und der Glaube an das Herz von R+S

     

    Wieso glaubt Frau Merkel erst jetzt an die bösen Millionen der Millionäre, oder umgekehrt?

     

    Das Weihnachtswunder wird bald wieder verzündelt im Weihrauch....