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Kolumne ZeitschleifeDas Lied bleibt das gleiche

Zehn Momentmemoiren aus Adoleszenz und Alter mit der Rockenrollband Led Zeppelin.

10. Beim Werkstattaufräumen (für einmal Aufräumen von Vaters augiasstallesker Traktorgarage gibts zehn Mark) höre ich in Tommy Gottschalks "Radioshow" einen Beitrag über teuflische Rückwärts-Botschaften auf Rocksongs. "I wanna liiive for Satan" tönt es angeblich von einem Lied namens "Stairway to Heaven" der mir bislang unbekannten Band Led Zeppelin. Huch. Toll.

Josef Winkler (35) lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.

9. Eines Sonntags nach dem Mittagessen locke ich meinen Cousin, mit dem ich letzthin mit Pink-Floyd- und, ja, Alan-Parsons-Project-Platten die (Prog)Rocksozialisation eingeleitet habe, verschwörerisch in mein Zimmer, weil ich ihm was zeigen muss. Ich spiele ihm brüllend laut "Rock n Roll" von Led Zeppelin "IV" vor. Er wirkt leicht entsetzt. Die Eltern fragen nach, obs denn noch gehe. Auch toll.

8. Ja, Jugendliche tun so was: Mit Vatterns altem Holz-Tennisschläger poser-rocke ich zu "Black Dog" und "Rock n Roll" mein Jugendzimmer in Grund und Boden. Kein Applaus.

7. Im "Club Stiege" wird hundertmal die Hippiematte zu "Whole Lotta Love" geschüttelt, ohne das Ausmaß, in dem sich dieser Song ums Vögeln dreht (100 Prozent) je wirklich zu begreifen. Ja, aber das ganze orgasmische Gestöhne ? Meine Güte, was haben wir mit orgasmischem Gestöhne zu tun? Offensichtlich zu wenig.

6. Eines Abends ist da in der "Stiege" ein Typ in schwarzer Schlaghose mit bunten draufgestickten Drachen-und-Zeugs-Ornamenten wie bei Jimmy Page. Ich will auch eine Schlaghose mit Drachen und Zeugs! Es gibt solche Hosen nirgendwo zu kaufen im Landkreis Traunstein Ende der 80er. So verfolge ich die machbare Landhippie-Variante: eine Jeans, in deren Seitennaht knieabwärts mir Ma Dreiecke aus dem alten goldfarbenen Wohnzimmervorhang näht.

5. Ich höre mir die Akkorde und das Fingerpicking von "Stairway to Heaven" "raus", mit Fantasy-Fingersatz. Ergreifende Instrumentalperformances des Welthits folgen, allerdings ausschließlich vor mir selbst. Es gibt also keine Zeugen für die größte musikalische Einzelleistung meiner Gitarristenkarriere; heute noch damit angeben ausgeschlossen: Mein Gehirn hat das kostbare Wissen längst gelöscht.

4. Ich bearbeite meine Gitarre (Les-Paul-Nachbau) mit dem Bogen des Cellos, das meine Schwester von Großonkel Anton geerbt hat. Der war katholischer Pfarrer, aber unverbohrt und liberal. Dass ich mich mit seinem Exbogen an Satansmusik versuche, fände er wohl weniger schlimm, als es objektiv die Klänge sind, die ich erzeuge.

3. Irgendwie komme ich mit Robert E. aus der K13, dem wohl Coolsten von der Schule, ins Gespräch. Thema: Wir finden Led Zeppelin toll. Und merken: Er hat "IV" nicht, ich ja, er hat "Physical Graffiti", ich nicht. Wir leihen sie uns gegenseitig. Hallo? Ich tausche mit Robert E. Zep-Platten! Guckt denn keiner? Nachdem ich das Album auf Kassette überspielt habe, scheitert die Übergabe und ich lasse es in einer Plastiktüte über Nacht im Kollegiatenraum. Am nächsten Tag ist es geklaut. Es ist mir unendlich peinlich, aber Robert E. bleibt cool; ich überlasse ihm als Entschädigung meine "IV". (Ehrloser Plattendieb, solltest du dies lesen: Es ist auch nach 17 Jahren nicht zu spät, dein Gewissen zu erleichtern!)

2. Anderthalb Jahre nach unserer Trennung übergibt mir meine Exfreundin einen Pappkarton mit Sachen von mir, die sich noch im Haus (ihrer Eltern) gefunden haben. Darunter: Ein abgewetztes "Physical Graffiti"-T-Shirt, das ich noch nie zuvor gesehen habe, das ich aber freudig einkassiere, obwohl ich lange schon kaum noch Led Zeppelin höre. Es wird mein Lieblings-T-Shirt, das mir über die Jahre viel Props & Creds einbringt.

1. Montag: Robert Plant ruft an und sagt, er wolle mich nicht auf seinem Konzert haben. "I want you out!" Aber es ist gottlob nur Stefan von der taz, der sich als Plant ausgibt. Eigentlich will er mich nur an die Kolumne erinnern, aber er ist neidisch, weil ich ein Ticket für Led Zeppelin in London habe. Haha! Was soll ich sagen: Es war toll. Ich trug "mein" "Physical Graffiti"-T-Shirt. Und bin jetzt wieder Fan.

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1 Kommentar

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  • V
    Volker

    Mensch du Knaller,

     

    sind ja wirklich toll deine Jugenderinnerinnerungen. Könnte auch stundenlang drüber schreiben, wie ich das erste mal "Whole Lotta Love" gehört habe (nämlich direkt als sie rauskam, bin leider schon 50). Aber interessanter ist doch wohl, wie das Konzert in London war. Zumindest für die, die nicht das Glück hatten...

     

    Oder steht der Bericht (ME, Rolling Stone, Hammer) woanders?