Blamable Suche nach "Spiegel"-Chef: Der Nächste, bitte
Nach Claus Klebers Absage geht die Chefredakteurssuche beim "Spiegel" weiter, im Januar soll sie beendet sein. Das ZDF feiert derweil einen Triumph.
"ZDF-Journalisten pilgern nach Mekka", hieß es gestern in einer Pressemitteilung des Mainzer Senders - und das ist ja wohl auch das Mindeste, was sie tun können, nun, da feststeht, dass Claus Kleber dem Zweiten erhalten bleibt und nicht zum Spiegel geht. Gut, bei den nach Mekka pilgernden ZDF-Leuten handelt es sich um Mitarbeiter des "Forums am Freitag" auf Drehreise. Dennoch: Man kann es als Dankesgeste missverstehen. Denn für das ZDF ist es ein Triumph, dass Kleber bleibt. Der Spiegel dagegen hat ein echtes Problem: Nach dem eher unprofessionellen Ausbremsen von Chefredakteur Stefan Aust steht er jetzt auch noch ohne Nachfolger da.
Kleber hat das Angebot, als Spiegel-Chefredakteur nach Hamburg zu wechseln, ausgeschlagen. Es sei zwar "eine große Ehre", so Kleber, doch "am Ende steht die Überzeugung: Das Fernsehen ist mein Medium." Die Entscheidung fiel am Mittwochnachmittag - und Kleber hat mit sich gerungen. Bei der Entscheidungsfindung dürfte auch die Bereitschaft des ZDF mitgeholfen haben, sich das Halten des "heute-journal"-Chefs einiges kosten zu lassen. Geld sei nicht ausschlaggebend gewesen, heißt es zwar - aber irgendetwas muss man ihm ja wohl geboten haben. Was genau, wurde freilich nicht bekannt, aus Senderkreisen verlautete nur, Klebers Zuständigkeiten würden erweitert: Er solle sich künftig auch um die Verzahnung von Fernsehen und Online-Nachrichten kümmern. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender ließ sich allerdings - kleine Spitze gegen den Spiegel - noch mit dem Satz zitieren, es sei "ein Riesenangebot" gewesen, das das Magazin Claus Kleber gemacht habe. Warum er das sagt, ist leicht zu durchschauen: Wenn der Spiegel ein Riesenangebot macht und Kleber trotzdem auf beim ZDF bleibt - für wen spricht das dann?
Und beim Spiegel? Dort geht das Durcheinander weiter. Als eher unwahrscheinlich gilt, dass nun einer der übrigen Kandidaten wie Uwe Vorkötter von der Frankfurter Rundschau umgehend zum Zuge kommt. Oder dass man auch hier Online-Verantwortung aufstockt und der bislang als stellvertretender Chefredakteur gehandelte Spiegel-Online-Chef Mathias Müller von Blumencron das Rennen macht. "Ohne Zeitdruck und in Ruhe" solle die Nachfolge von Stefan Aust, der offiziell erst Ende 2008 gehen muss, geregelt werden, lautete die dürre Mitteilung aus dem Verlag.
Hinter den Kulissen versucht derweil Minderheitsgesellschafter Gruner + Jahr (25,5 Prozent) offenbar, das Heft wieder in die Hand zu nehmen. Nachdem bislang vor allem die Mitarbeiter KG (50,5 Prozent) agierte, soll nun die Suche nach einem Chef im Januar beendet sein, heißt es kühn in G+J-Kreisen - wo man außerdem sauer ist, dass die laut Insidern erst am Dienstag vergangener Woche erzielte überraschende Einigung auf Kleber so schnell den Weg in die Medien fand.
Die restlichen 24 Prozent am Spiegel-Verlag gehören den - de facto entmachteten - Erben von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein. Dessen Sohn Jakob hatte in der FAZ schon Ende November indirekt in die Chefsuche eingegriffen; die FAZ blies letzten Freitag auch als Erste die Kleber-Personalie durch die Republik.
Dass die nächsten Umdrehungen im Hamburger Durcheinander weniger öffentlich erfolgen, darf allerdings bezweifelt werden. Vielleicht hilft aber auch ein Blick ins Spiegel-Online-Archiv: Dort steht ein Artikel über einen "Super-Kleber", und darin brachte man auch das Problem auf den Punkt: "Obwohl die Forscher die Zutaten des Klebers kennen, gelang es ihnen noch nicht, ihn nachzumischen."
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