Kirgisen wählen Parlament: Abstimmungsfarce in Kirgisien

Bei der Parlamentswahl am Sonntag wird die Partei des Präsidenten weit über 50 Prozent der Sitze erhalten. Die Frage ist, ob auch die Opposition einziehen darf.

Der kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew hofft auf ein Einparteienparlament wie in Kasachstan. Bild: dpa

BISCHKEK taz Neuesten schwedischen Forschungsergebnissen zufolge kommt der Weihnachtsmann aus Kirgisien. Der Präsident des zentralasiatischen Landes Kurmanbek Bakijew macht sich ein Geschenk. Er lässt sich am Sonntag ein neues Parlament wählen. In Kirgisien wird der Ausgang der Abstimmung nicht an den Wahlurnen entschieden, sondern im Regierungssitz in der Hauptstadt Bischkek. Die vor wenigen Monaten aus der Taufe gehobene Präsidentenpartei "Ak Schol" wird weit über 50 Prozent der Mandate bekommen.

Seit der als "Tulpenrevolution" getarnte Umsturz im März 2005 Präsident Aksar Akajew ins Exil nach Moskau zwang und Bakijew ins Amt trug, befindet sich das Land in einer politischen Dauerkrise. Fast vierteljährlich holt die Opposition, die zum größten Teil aus ehemaligen Mitstreitern Bakijews besteht, ihre Anhänger auf die Straße und wirft dem neuen Präsidenten Verrat an der Revolution vor. Der letzte Aufstand im April 2007 scheiterte kläglich, und von der schmählichen Niederlage hat sich die Opposition bis heute nicht erholt. Mit der Parlamentswahl könnte Bakijew versucht sein, den Sack zuzumachen.

Eine gelenkte Stimmauszählung ist in Kirgisien keine hohe Kunst. Über eine halbe Million Kirgisen schuften auf Baustellen in Kasachstan und Russland, das sind 20 Prozent der registrierten Wähler. Zudem finden sich auf den Wahllisten von 2001 vielfach auch die Namen von Verstorbenen. Die Administration kann nach vorsichtigen Schätzungen über 30 Prozent der Stimmen verschieben.

Spannend beim Wahlausgang bleibt allein die Frage, welche der 12 Parteien noch ins Parlament einzieht. Nach dem neuen Wahlgesetz werden die 90 Parlamentssitze streng nach dem Verhältniswahlrecht bestimmt, wobei die jeweilige Partei landesweit die Fünfprozenthürde überspringen und in jeder der acht Provinzen mindestens 0,5 Prozent der republikweiten Stimmenzahl auf sich vereinigen muss. Die letzte Bedingung ist die tödliche Klippe. Ein internationaler Beobachter nennt diese Regelung schlicht absurd.

Bakijew hat wohl vor der Wahl neidvoll auf die Ergebnisse in Kasachstan und in Russland geschaut. Nach den kasachischen Parlamentswahlen im August kam ein Einparteienparlament heraus. In Russland fanden sich nach den Wahlen vier, jedoch alle der Macht ergebene Parteien im Parlament wieder.

Im Gegensatz zu Russland und Kasachstan ist die politische Szene in dem kleinen Gebirgsland agiler. Die Opponenten Bakijews könnten im Falle einer völligen Nichtbeachtung immer noch zündeln, zumal wegen rigider Preiserhöhungen für Mehl und Speiseöl die Stimmung in der Bevölkerung einen neuen Tiefpunkt erreicht hat.

In der Partei "Ata Meken" haben sich die grimmigsten Gegner des Präsidenten unter der Führung von Omurbek Tekebajew versammelt. Dieser hatte als Parlamentssprecher Bakijew 2005 als Hund bezeichnet, der sich besser aufhängen sollte.

Tekebajew und Bakijew kommen beide aus dem Süden des durch Gebirge und Klans geteilten Landes. Seit dem Umsturz im April 2005 geben die südlichen Klans den Ton im Land an und sitzen auf den Ressourcen. Tekebajew und Bakijew liefern sich seither erbitterte Auseinandersetzungen, wer den Süden des Landes repräsentiert.

Wenn im Regierungssitz in Bischkek die politische Klugheit über die Gier siegen sollte, wird Ata Meken ins Parlament gelassen, damit deren Anhänger nicht draußen im Land für Unruhe sorgen. Auch die sozialdemokratische Partei unter der Führung von Almas Atambajew hat gute Chancen. Der Kirgise stand lange in Opposition zu Bakijew, wurde aber Anfang 2007 Ministerpräsident.

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