Finanzskandal in Südkorea: Favorit unter Verdacht

Kurz vor den Wahlen will das Parlament einen Sonderermittler einsetzen, der Verstrickung des Favoriten Lee Myung-bak in einen Finanzskandal prüfen soll. Lee dürfte trotzdem gewinnen.

Die Causa Lee erregt die Gemüter - im Parlament kam es gar zu einer Keilerei. Bild: dpa

Eigentlich hatte es in Südkorea keinen Zweifel mehr gegeben, dass der Sieger der Präsidentschaftswahlen an diesem Mittwoch der konservative Lee Myung-bank sein würde. Der Exmanager des Hyundai-Konzerns und frühere Bürgermeister der Hauptstadt Seoul, der am Wahltag 66 Jahre alt wird, führte in den letzten Umfragen mit fast 30 Prozent Vorsprung. Er hatte sogar mehr Zuspruch als seine beiden nächsten Herausforderer zusammen. In der letzten Woche vor der Wahl dürfen keine Umfragen mehr gemacht werden. Deshalb muss jetzt gerätselt werden, wie stark sich ein Lee belastendes Video auswirkt, das am Wochenende auftauchte. Auf dem Band ist zu sehen, wie Lee sich bei einer Rede im Jahr 2000 rühmt, Besitzer der Investmentfirma BBK zu sein - und die steht inzwischen im Zentrum eines handfesten Finanzskandals. Am Montag führte das Video zur Einsetzung eines Sonderermittlers durch das Parlament.

Lee, der den Ruf eines wirtschaftsfreundlichen pragmatischen Machers hat, stand schon lange im Verdacht, in den Skandal verwickelt zu sein. BBK hatte Aktienkurse manipuliert, Dokumente gefälscht und Anleger betrogen. Aber noch am 5. Dezember hatten drei Staatsanwälte Lee bescheinigt, dass er mit BBK nichts zu tun habe, sondern diese nur einem inhaftierten Geschäftspartner unterstand. Zwar waren viele Koreaner nicht vollends von Lees Unschuld überzeugt, seine Umfragewerte stiegen aber weiter an.

Das Video bringt eine jähe Wende. Drei Männer hatten Lees konservative Partei GNP (Große National Partei) mit dem Film, dessen Echtheit noch nicht erwiesen ist, zu erpressen versucht. Sie wurden aber bei der Geldübergabe von der Polizei geschnappt. Da sie auch die regierungsnahe Vereinte Neue Demokratische Partei (UNDP) kontaktiert hatten, gelangte das Video ins Internet. Hatte es am Freitag noch Rangeleien und Faustschläge im Parlament gegeben, als GNP-Abgeordnete mit einer Saal- und Podiumsbesetzung die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers verhindern konnten, wurde dies gestern trotz Boykotts der GNP-Abgeordneten beschlossen.

Der Ermittler wird vom scheidenden Präsidenten Roh Moh-hyun benannt und hat 40 Tage Zeit. Somit dürften die Untersuchungen noch vor der Vereidigung des neuen Präsidenten am 25. Februar abgeschlossen sein. Lee wird im Falle seiner Wahl also noch keine Immunität genießen.

Lee gab sich schon vor der gestrigen Abstimmung gelassen. Er sagte am Sonntag, er werde einen Sonderermittler akzeptieren, denn er habe ein reines Gewissen und nichts zu verbergen. Sein Konkurrent, der in Umfragen zweitplatzierte Chung Dong-young von der UNDP, nennt ihn hingegen einen "Kriminellen" und forderte ihn auf, nicht mehr zu kandidieren. Chung bot seinerseits dem in Umfragen drittplatzierten Kandidaten, dem ultrakonservativen Lee Hoi-chang die Bildung einer "Antikorruptionskoalition" an. Damit provozierte Chung aber seine eigenen Anhänger, die den Exrichter Lee wegen seiner reaktionären Haltungen nicht ausstehen können.

Beobachter in Südkorea gehen davon aus, dass Lee Myung-bak trotzdem die Wahl gewinnen wird. Das Video "wird ihm einen schmerzhaften, aber keinen tödlichen Schlag versetzen", sagte der Politologieprofessor der Nationaluniversität Seoul, Chun In-young, laut Nachrichtenagentur AFP. Das Verfahren könnte Lee allerdings zu einem schwachen Präsidenten machen.

Für Lee spricht die starke Wechselstimmung und die Schwäche der anderen. Nach zehn Jahren unter den zwei liberalen Präsidenten Kim Dae-jung und Roh Moh-hyun, die zur Festigung der Demokratie und zur Entspannung mit Nordkorea beitrugen, steht jetzt klar die Wirtschaft im Vordergrund. Roh, der 2002 nach einer von Jungwählern im Internet getragenen Kampagne gewählt worden war, hat viele desillusioniert. Darunter leidet jetzt Chung, der unter ihm Minister war.

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