piwik no script img

Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Kochshow wirkt wie ein Diätpatient, der 23 Stunden am Tag Enthaltsamkeit übt, Rohkost mümmelt und den Dalai Lama lobpreist. Nachts schlingt er dann heimlich erkaltetes Eisbein.

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

taz

Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Friedrich Küppersbusch: Seit Kampfhunden und Aids keine echte Monster-Angst-Kampagne mehr.

Was wird besser in dieser?

Spiegel-Titel "Junge Männer - die gefährlichste Spezies der Welt". Hat das Aust jetzt doch mal selbst geschrieben?

Roland Koch hat die "Jugendkriminalität" zum Wahlkampfthema in Hessen gemacht. War das klug?

Die Kochshow wirkt wie ein Diätpatient, der 23 Stunden am Tag Enthaltsamkeit übt, Rohkost mümmelt und den Dalai Lama lobpreist. Nachts bricht er dann den Kühlschrank auf und schlingt erkaltetes Eisbein, dass ihm der Fettsabber herabtrieft. Damit erweist sich Koch nicht etwa deshalb als gefährlich, weil er diese rechtsradikalen Heißhungerschübe hat, sondern, etwa aus Sicht Merkels, als gefährdet: Der taugt nichts für breite Mehrheiten im Bund, der hat Aussetzer. Gut für Merkel.

Die hessische SPD hält mit sozialen Themen dagegen. Wird das reichen?

Die Entscheidung der SPD für Andrea Ypsilanti ist schon auch eine deutliche Ansage, welches Milieu für ein künftiges Hessen wertesetzend sein soll: Kochs hessischer Deutscher oder ein überraschend äppelwoifreier Auftritt.

In einem Thesenpapier hat Koch von Einheimischen und Einwanderern mehr Respekt vor "traditionellen Sitten und Werten" gefordert. Was meint er damit?

Er meint damit, dass es ein verheerender Selbstbetrug der Union war, mit der Hundezüchter-Mentalität der Kohls und Waffenschmidts in den 90ern jährlich hunderttausende "Russlanddeutsche" in die BRD zu lotsen, weil Freund Gorbi und Nachfolger für Geld alles hergaben. Koch möchte sagen, er habe damals nicht den Arsch in der Hose gehabt, Kohl von diesem völkischen Mumpf abzuhalten, und heute seien die Entwurzelten Kinder dieser Übersiedler halt die mit Abstand größte Gruppe in der Jugendkriminalität. Seine Partei und er persönlich hätten das Problem also selbst verursacht, möchte Koch sagen, und er hätte jetzt aber gerne, dass daran die Ausländer schuld seien.

Heute trifft sich die CSU in Kreuth - letztes Jahr hat sie hier Edmund Stoiber gestürzt. Hat sie sich davon erholt?

Als Demokrat muss man, auch wenn das wehtut, eher der CSU eine charismatische Führungsfigur wünschen als jeder anderen Rechtspartei. Ist aber auch mal ganz hübsch, wenn die alle nur Knalltüten vorne haben. Stoiber war Strauß verspotteter Aktenständer, und demnach ist Huber der Assistent des Aktenständers. Ein Populist Straußscher Güte war Gauweiler, der folgerichtig vom Mittelmaß abgemeiert wurde, wo er sich nicht selbst demontierte. Die CSU ist, gerade auch für den politischen Gegner, nicht mehr faszinierend.

Morgen gehen die Vorwahlen zur US-Präsidentschaftskandidatur weiter. Laut Umfragen liegt Hillary in New Hampshire vorne - was soll sie machen, wenn sie doch wieder verliert?

Sowohl ein farbiger Präsident als auch eine Präsidentin wären ein Riesenfortschritt für die USA. Schon bemühen sich beide, als keinesfalls auf dem "Frauen-Ticket unterwegs" oder "ethnischen Ticket unterwegs" reduziert zu werden. Es geht um das Kunststück, zugleich trotz und wegen der Besonderheit gewählt zu werden. Eine farbige Präsidentin aller weißen Männer, also. In diesem besonderen Falle sollte also der oder die Überlegene den jeweils Unterlegenen zum running mate, zum Vizepräsidenten in spe machen.

Geben Sie uns eine persönliche Wahlempfehlung!

Al Gore erfindet gerade den postdemokratischen Präsidenten moralis causa. Gefälschter als die Wahlen George Bushs oder Wladimir Putins kann es auch nicht sein, wenn man gleich ohne Wahl macht und mahnt. Da sich weder Obama noch Clinton eindeutig für den sofortigen Rückzug aus dem Irak ausgesprochen haben, könnte ich beide nicht wählen.

Am Donnerstag ergeht ein Urteil im Streit zwischen der Autorin Elis Kaut und der Zeichnerin Barbara von Johnson. Es ging dabei um die Frage, ob Pumuckl eine Freundin haben darf. Darf er?

Nein, ich möchte nicht, dass er mit Meister Eder Schluss macht.

Und was macht Borussia Dortmund?

Hat nix in der Hand, um Ottmar "Greatest" Hitzfeld vor der Schweizer Grenze abzufangen.

FRAGEN: HH, DB

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!