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Rohstoff-Boom in GuineaIm Rausch des Erzes

Wachsende Rochstoff-Nachfrage bringt Milliardeninvestitionen nach Guinea. Bisher profitiert die Bevölkerung nicht vom Boom. Mit neuen Regeln will die Regierung das ändern.

Ob ihr Aluminium auch aus Guinea stammt? : dpa

CONAKRY taz Wer etwas mit Bodenschätzen in Guinea zu tun hat, kommt an dieser Villa nicht vorbei. Die "Chambre des Mines de Guinée" hat im Viertel "Cité des Nations" in der Hauptstadt Conakry die Nummer 36 bezogen, einen von gut 50 identischen weißen Bungalows, die einst für eien afrikanischen Gipfel gebaut wurden. Oumar Babara Touré, Chef der Bergbaukammer von Guinea, empfängt im holzverzierten Hinterzimmer. Die Holzfenster sind mittlerweile ausgetauscht - gegen Fenster aus einem Material, das Guinea weltweit bekannt machte: Aluminium.

Mit rund 17 Millionen Tonnen im Jahr ist Guinea nach Australien der zweitgrößte Produzent von Bauxit, dem Erz, aus dem Aluminium gefertigt wird. Auf rund zehn Milliarden Tonnen Bauxit werden die Vorräte geschätzt - rund die Hälfte der weltweiten Vorkommen. Und das, meint Touré, ist erst der Anfang. "Das Bauxit ist bereits aufgeteilt", sagt er. "Aber nicht das Eisenerz."

Auf der Landkarte sieht Guinea aus wie ein Croissant: an der einen Spitze die Hauptstadt Conakry an der Atlantiküste, am anderen Ende in Richtung des Länderdreiecks mit der Elfenbeinküste und Liberia die reichsten Bergbaugebiete. Dieser Landstrich, genannt "Waldregion", ist voll dichtem Tropenwald Und unter den Nimba-Bergen an der Grenze zu Liberia liegt hochwertiges Eisenerz, mit einem Metallanteil von bis zu 70 Prozent, viel mehr als jenseits der Grenze in den einst deutschen Bong-Minen Liberias. In Guinea hat es nie größeren Eisenerzabbau gegeben, erklärt Oumar Babara Touré: "Unsere Nachbarländer waren politisch zu instabil."

Denn was in den Nimba-Bergen aus dem Boden geholt wird, muss zum Export an die Küste gelangen. Bis in Guineas Hauptstadt Conakry sind es fast 1.000 Kilometer schlechte Straßen. Viel näher wäre der Weg nach Süden durch Liberia. In den letzten Jahrzehnten machte der dortige Bürgerkrieg das unmöglich. Und heute will Guinea seine Erze lieber selbst vermarkten. Die neue Idee: eine Eisenbahnlinie.

Es wäre eins der größten Bauprojekte in ganz Afrika, mit Kosten von 3,5 Milliarden Dollar, sagt Bergbaukammerchef Touré. Die "Transguinéen" ist schon in Planung. Auf einer Investorenkonferenz im Oktober 2006 in Düsseldorf erklärten sich Firmen unter anderem aus Großbritannien, den USA, Russland, China, Iran, Griechenland und Brasilien bereit, bis zu 15 Milliarden Euro in Guinea zu investieren. Die Eisenbahn soll schon 2013 in Betrieb genommen wreden, eine reine Güterbahnlinie aus der "Waldregion" an einen Tiefseekai 15 Kilometer vor der Atlantikküste am anderen Ende Guineas. Unterwegs sollen Ableger in die nördlichen Gold- und Diamantenregionen des Landes gebaut werden.

Touré gerät ins Schwärmen, wenn er davon erzählt: Mit Eisen und Eisenbahn geht ein neuer Rausch durchs Land, besser als jeder Goldrausch. 1,5 Milliarden Tonnen Eisenerz sollen in den Nimba-Bergen schlummern, sagt er - dreimal mehr als bisher angenommen. Seit einem Jahr können sich Firmen um die Konzessionen bewerben. Rio Tinto, der Bergbaumulti, der über seine Tochter Alcan bereits den Bauxitabbau Guineas beherrscht, könnte das Rennen machen.

Für die Zukunft will Guineas Regierung Bergbaukonzerne darauf verpflichten, anders als bisher Rohstoffe im Land zu verarbeiten und nur noch in veredelter Form zu exportieren. Seit 30 Jahren versprechen die Aluminium-Multis, das Bauxit im Land zu raffinieren. Nun müssen sie Taten folgen lassen. Die kanadische "Global Alumina" eine Konzession für eine Mine zusammen mit dem Bau einer Raffinerie und einer Hafenanlage, alles für drei Milliarden US-Dollar. Die russische Firma "RusAl" will für 2,5 Milliarden Dollar eine weitere Raffinerie errichten. Die größten der Branche "Alcoa" und "Alcan" bauen eine weitere für 1,8 Milliarden US-Dollars. Früher redeten sich die Aluminium-Konzerne mit der unzureichenden Stromversorgung heraus, keine Raffinerien im Land zu bauen. Die Chinesen haben nun ein Wasserkraftwerk versprochen.

Eile ist geboten. Guineas Bevölkerung sieht noch nichts vom Boom. Die Einnahmen des Landes aus dem Rohstoffexport belaufen sich auf magere 83 Millionen Euro letztes Jahr - rund neun Euro pro Kopf. Denn die Konzerne wissen ihre Bilanzen in roten Zahlen zu halten. Und danach zahlen sie ihre Steuern, also so gut wie keine. Die Bevölkerung kommt indes immer schlechter über die Runden. Der Unmut wächst. Beim letzten großen Aufstand vor einem Jahr, angeführt von den Gewerkschaften, töteten Sicherheitskräfte über 130 Menschen. Der Protest richtete sich gegen den Präsidenten, Lansana Conte, der seit einem Putsch im Jahr 1984, eisern und immer tyrannischer an der Macht festhält. Zumindest erzwang die Zivilgesellschaft einen Wechsel des Premierministers, und der setzte Reformen im Bergbau im Gang. Doch es rumort weiter im Volk und im Militär. Marktfrauen in Guinea rufen "Loru loru" ("abgelaufen"), wenn der Präsident mal wieder in seinem Konvoi vorbeifährt.

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