Bayer Leverkusen vs. Karlsruher SC: Adler ist ein Panther
Weil der Torwart von Bayer Leverkusen wieder einmal großartig hält, verteidigt sein Klub ein 2:2-Unentschieden gegen den Karlsruher SC.
Selbst wenn Rüdiger Vollborn böse in die Welt schauen will, scheinen sich seine Gesichtsmuskeln lieber zu einem Lächeln sammeln zu wollen. Das angedeutete Grinsen, das Vollborns Gesichtszügen immer innewohnt, kann der Torwarttrainer von Bayer Leverkusen selten verbergen. Auch am späten Samstagnachmittag wirkte der gebürtige Berliner, 45, wie jemand, der mit seinem Leben zufrieden ist. Zu verbergen hatte er nichts, aber sagen wollte Vollborn nach dem 2:2 von Bayer beim Karlsruher Sport-Club trotzdem nichts.
Vollborn hatte gerade eine leidenschaftliche Partie erlebt, in der Leverkusen das Remis nach einem 2:0-Vorsprung den spektakulären Paraden seines Torhüters Rene Adler zu verdanken hatte. Was die Reporter von Vollborn oder dessen ebenso schweigsamen Schützling Adler wissen wollten, bedurfte nach der abermals außergewöhnlichen Leistung des erst 23 Jahre jungen Torwächters keiner zusätzlichen Einschätzung: Besser als Adler im Wildpark kann ein Torwart nicht spielen.
Die gleiche Bewertung lieferten die Kommentatoren schon drei Tage zuvor, als Adler Bayer im Schneetreiben von Istanbul ein 0:0 im Uefa-Cup-Hinspiel bei Galatasaray rettete. Über Adler gibt es schon die ganze Saison nichts anderes zu berichten, was den Bundestorwarttrainer Andreas Köpke nach Adlers Gala-Auftritt in Istanbul zu der Aussage veranlasste: "Er hat von allen Bundesliga-Torhütern die beste Saison gespielt, im Moment ist die Tür nicht zu."
Als 15-Jähriger kam Adler im Jahr 2000 aus Leipzig nach Leverkusen und wohnte vier Jahre beim Ehepaar Vollborn. Acht Jahre später klopft Adler nun ziemlich laut an die Tür zur Nationalelf an. Vollborn ließ sich auf die Frage, ob das blonde Ausnahmetalent nicht doch noch in Joachim Löws EM-Kader rutschen könnte, dann ein kleines Sätzchen entlocken: "Da muss die Tür doch erst mal aufgehen." Da freut sich einer, täglich mit diesem Mann zu trainieren, dessen Karriere spätestens "nach der EM in die Nationalelf führen wird", wie Bayers Sportdirektor Rudi Völler vermutet. Auf die unvermeidliche Frage, wo Adler derzeit im Ranking potenzieller EM-Torhüter stehe, brummte Trainer Michael Skibbe nur: "Kein Kommentar." Nachfragen in Bezug auf Adler hatte er sich schon zu Beginn seiner Ausführungen verbeten, verbunden mit dem Hinweis: "Er ist der Spielertyp, der helfen kann, uns in den nächsten Jahren in der Bundesligaspitze zu halten."
In Leverkusen sind sie bemüht, der Debatte um eine EM-Nominierung Adlers zurückhaltend zu begegnen. Vielleicht deshalb, weil das Duo Völler/Skibbe einst selbst der Nationalelf vorstand. Andererseits: Was sollen sie sagen? Adlers Leistung spricht für sich. Für eine Berufung würde nicht nur die Schwäche Lehmanns und Hildebrands sprechen, auch Adlers zurückhaltendes Wesen.
Auf dem Platz indes strahlt der 1, 89 Meter große Ballfänger eine erstaunliche Autorität aus. Mit der Schnellkraft eines Panthers hechtet er in die entlegensten Winkel des Tores, und seine Reaktionsschnelligkeit ließ am Samstag nicht nur KSC-Abwehrrabauke Mike Franz verzweifeln. Franz Kopfball nach einem Hajnal-Eckball hätte in letzter Sekunde den Siegtreffer bedeutet, aber Adler lenkte den Ball mit einem Reflex über die Latte. "Was der rausgeholt hat, war überragend", staunte Franz. Am Ende ging Bayer, das nach Toren von Rolfes (6.) und Kießling (58.) geführt und durch Freis (60.) und Kennedy (78.) noch den Ausgleich kassiert hatte, die Luft aus.
Die Belastung der internationalen Spiele sei extrem, und vielleicht müsse man noch mehr rotieren, um dies zu kompensieren, meinte Skibbe. Die Aussicht auf das Rückspiel gegen Galatasaray am Donnerstag und dem Bundesligaschlager 40 Stunden später gegen Schalke nutzte Michael Skibbe zu einem Appell in Richtung DFL: "Das ist Wettbewerbsverzerrung in allerhöchster Form. Es darf keine Strafe sein, international zu spielen."
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