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Springer kämft gegen BildblogAngsthasen auf der Jagd

Der Deutsche Presserat soll keine Beschwerden von Bildblog mehr entgegennehmen. Versucht da ein deutscher Großverlag, die Selbstkontrolle der Presse auszuhebeln?

"Notizen über eine große deutsche Boulevardzeitung". Bild: screenshot bildblog.de

Die Geschichte ist schnell erzählt und geht mittlerweile ins dritte Jahr: Weil die Bild-kritische Onlineplattform Bildblog.de sich zuweilen auch selbst an den Deutschen Presserat wendet, um sich über die Berichterstattung von Deutschlands auflagenstärkstem Murks zu beschweren, will man dies bei Springer abgestellt haben. Seit 2006 argumentiert der Verlag immer wieder, das über Werbung finanzierte Blog verfolge in Wahrheit schnöde gewerbliche Ziele und manipuliere skrupellos die journalistische Berichterstattung.

Dem Bedürfnis nach "Aufklärung einer öffentlichen Meinungsbildung über Bild könnte durch authentische Presseratsentscheidungen Genüge getan werden", fasst der Presserat laut Bildblog Springers Argumentation zusammen. Die "künstliche Beschwerdehäufung" gegen Bild sei dagegen "nicht hinnehmbar".

Häufung? Da sollte Springer doch eher mal die Zahl der Rügen gegen Bild zu denken geben. Bildblog hat seit 2004 ganze zwölf Beschwerden an den paritätisch mit Verlegern und Journalisten besetzten Presserat geschickt, neun davon sind bisher bearbeitet. Ergebnis: Vier Missbilligungen, ein Hinweis - die schwächeren "Waffen" des Presserats unterhalb der Rüge; vier Fälle wurden abgewiesen.

Dennoch: Bild darf sich erhört fühlen, am 12. März will das Plenum, das oberste Organ des Presserats, über die generelle Zulässigkeit von Bildblog-Beschwerden beraten. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden.

Doch der verlässliche Rügen-Spitzenreiter Bild setzt noch ganz andere Brechstangen beim Rügenverteiler Presserat an: Mal versucht Bild-Chefredakteur Kai Diekmann wie vor einem knappen Jahr das Selbstkontrollorgan per Pressemitteilung zu diskreditieren und ihm vorzuwerfen, es lasse sich "offensichtlich von politischen Beweggründen leiten". Erst im November protestierte man im eigenen Blatt gegen eine Rüge wegen der Berichterstattung über den von Bild als "irren Deutsch-Libanesen" bezeichneten Khaled El Masri: "Irre: Presserat rügt Bild wegen dieses Brandstifters", röhrte es fünfspaltig mit Foto. Obwohl - oder vielleicht auch gerade weil - es sich hier um eine "authentische Presseratsentscheidung" ganz ohne Bloggerdruck handelte.

"Wir wollen uns nicht benutzen lassen, von niemandem", hatte der Presserat bei den ersten Springer-Attacken gegen Bildblog trotzig-trutzig erklärt. Hoffentlich bleibts dabei. Was aber reitet Bild zu derlei Attacken gegen ein kleines Blog und die deutsche Presseselbstkontrolle? Bild hat offenbar irgendwie Angst. Lustig!

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1 Kommentar

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  • A
    Alster

    Bild lebt von Schundberichtserstattung. Das ist

    kein wahrer Journalismus, sondern Spektakel um die Auflagen zu erhöhen, die das Papier nicht wert

    sind. Auch wenn Bild meint, das BILD die bekannteste Zeitung sei, so sagt das doch nur aus,

    das man sich an das Riechen von schlechten Gerüchen eher

    erinnert als an ein gutes Rasierwasser. In dieser

    Republik hat alles Bestand-, nur die Werte muss man suchen. Wenn nur noch das Kapital regiert, muss man mit dem Schlimmsten rechnen.