Urteil in Kolumbien: Militärs wegen Massaker verurteilt

Ein kolumbianisches Gericht hat eine Militäreinheit schuldig gesprochen, Mitglieder der Drogenpolizei hinterhältig ermordet zu haben. Hinter der Tat vermutet man einen Auftrag der Mafia.

Das kolumbianische Militär hat eine machtvolle Stellung. Bild: ap

Was am 22. Mai 2006 in der Kleinstadt Jamundí, 24 Kilometer von der kolumbianischen Großstadt Cali entfernt, passierte, gilt jetzt als erwiesen. Oberstleutnant a. D. Byron Carvajal und 14 seiner Soldaten wurden am Montag für schuldig befunden, eine Eliteeinheit der Antidrogenpolizei in einen Hinterhalt gelockt zu haben. Nach einer halbstündigen Schießerei waren zehn Polizisten und ein ziviler Informant tot.

Das Strafgericht von Cali sah es als erwiesen an, dass der 44-jährige frühere Kommandant des Hochgebirgsbataillons "Rodrigo Lloreda" das Gemetzel angeordnet hat. Zunächst hieß es, es habe sich um versehentliches "friendly fire" zwischen Militärs und Polizisten gehandelt. Doch schon bald waren Zweifel aufgekommen und die Staatsanwaltschaft beantragte die Festnahme von Oberst Carvajal und 14 seiner Männer. Kolumbiens Generalstaatsanwalt Mario Iguarán sprach von einer Exekution "auf Befehl des Drogenhandels".

Der Prozess hatte sich über 14 Monate hingezogen. Die Staatsanwaltschaft ließ 32 Zeugen aufmarschieren und legte 417 Beweisstücke vor, um zu belegen, dass die Gruppe Lince del Batallón de Alta Montaña No. 3 die zehn Polizisten der Comisión Cali (Comca) und den Informanten, der als Führer diente, in einen Hinterhalt gelockt und erschossen hatte. So gab es Telefonate zwischen Carvajal und dem Informanten. Als Beweis für den Hinterhalt diente Carvajals Anordnung "Um 18 Uhr müssen alle auf ihren Posten sein" und dass sich die Militärs U-förmig aufgestellt hätten. Von 150 sichergestellten Patronenhülsen stammen 117 aus den Gewehrläufen der Militärs. Nicht ein Soldat wurde verletzt, aber auf einige der Polizisten aus drei Meter Entfernung geschossen.

In Kolumbien werden Militärs fast nie wegen Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen. Auftraggeber bleiben gewöhnlich im Dunklen. So beschränkte sich der Prozess auch auf die halbe Stunde der Schießerei in Jamundí. Nicht überprüft wurde die Vermutung, dass die Militärs einen Geld- oder Drogentransport schützten und verhindern wollten, dass die Polizei dem obersten Drogenboss der Region, Diego León Montoya Sánchez alias Don Diego, zu nahe komme. Einer der Vertrauten Don Diegos soll sich in der Nähe des Geschehens aufgehalten haben. Don Diego selbst sitzt nach Angaben der Behörden seit September 2007 hinter Gittern. Carvajal beteuerte bis zum letzten Verhandlungstag seine Unschuld. Richter Edmundo López vom vierten Strafgericht in Cali folgte jedoch der Beweisführung der Staatsanwaltschaft und sprach die 15 Militärs schuldig. Stunden nach der Verurteilung ließ das Generalkommando der Streitkräfte verlauten, man werde das Urteil respektieren. Das Strafmaß wird am 21. April bekannt gegeben. Prozessbeobachter rechnen damit, dass es nicht unter 25 Jahren Gefängnis liegen wird. Carvajal muss mit der Höchststrafe von 60 Jahren rechnen. Die 15 Schuldigen können beim Obersten Gericht in Cali Berufung einlegen.

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