piwik no script img

Spannungen im NordirakIraks Kurden sehen sich als Opfer

Die Kurden im Nordirak glauben, dass nicht die PKK, sondern sie das Ziel der türkischen Militäroffensive sind. Und kündigen "massiven Widerstand" an, falls die Türken zivile Ziele treffen.

Ohne Schnee hat die türkische Armee schlechte Chancen - meint zumindest die PKK. Bild: dpa

SULEIMANIYA taz Glaubt man der türkischen Armeeführung, dann hat sie der PKK im Nordirak einen schweren Schlag versetzt. Mindestens 150 PKK-Kämpfer wurden laut dem türkischen Generalstab seit Beginn der Militäroffensive vor fünf Tagen getötet. Kampfflugzeuge und Helikopter griffen mutmaßliche PKK-Stellungen an, Bodentruppen liefern sich offenbar heftige Kämpfe mit den Rebellen. Die PKK-Führung sei in Panik, ihre Kämpfer auf der Flucht, meldet der Generalstab.

Aus den Reihen der Guerilla tönt es nicht weniger martialisch. "Die türkische Armee befindet sich in einer Sackgasse", sagte ein ranghoher PKK-Sprecher der taz. "Spätestens nach der Schneeschmelze in ein paar Wochen gibt es für die Soldaten kein Entkommen mehr." Nach eigenen Angaben hat die PKK vier Kämpfer verloren, angeblich aber über 80 Soldaten getötet, Ankara hat lediglich den Tod von 17 Soldaten bestätigt.

Seit Jahren unterhält die PKK Stützpunkte im Berggebiet des kurdischen Teilstaats im Nordirak. Allein im Zab-Gebiet bei Amediya, dem Hauptkampfgebiet neben Hakurk im Dreiländereck Irak/Türkei/Iran, haben sich nach Schätzungen von Kommandanten der irakischen Kurden zwischen 1.000 bis 1.500 PKK-Kämpfer versteckt. Hunderte weitere Rebellen werden in den Kandilbergen an der iranischen Grenze vermutet, wo sich das PKK-Hauptquartier befindet.

Ganz überraschend kam die jetzige Offensive nicht. Seitdem das türkische Parlament im Herbst grünes Licht für grenzüberschreitende Militäroperationen gab, häuften sich die Luftangriffe im Nordirak. Allgemein rechnete man mit einer Militäroffensive im Frühjahr. Hochrangige Kommandanten der irakischen Kurden bezweifeln deshalb, dass es der Türkei gelingt, die Guerilla entscheidend zu schwächen. Ohnehin glauben Iraks Kurden, dass sie das Ziel der türkischen Aggression sind. Sollten die Angriffe zivile Ziele treffen, werden die Peschmerga, die Kämpfer der beiden kurdischen Regierungsparteien, mit "massivem Widerstand" antworten, sagte Masud Barzani.

Barzani, dessen Peschmerga früher gemeinsam mit der Armee des Nachbarlands gegen die PKK kämpften, ist heute Regionalpräsident von Kurdistan. Zwar hat die Regierung auf türkischen Druck hin die Bewegungsfreiheit der Rebellen im Nordirak eingeschränkt, doch zu einem militärischen Schlagabtausch mit der Guerilla ist Barzani nicht mehr bereit. Er hat Tausende Peschmerga in Alarmbereitschaft versetzt. Am Donnerstag kam es an einer Militärbasis, die die Türkei mit Barzanis Duldung in Kurdistan unterhält, fast zu einem bewaffneten Zusammenstoß. Als Soldaten von der Bamerni-Basis bei Amediya ausrücken wollten, zwangen die Peschmerga sie zum Rückzug.

Der nationale Sicherheitsberater in Bagdad, Mowaffak al-Rubaie, warnte vor "ernsthaften Konsequenzen", sollte Ankara die Angriffe ausweiten. Der Irak werde seine Souveränität und sein Land im Ernstfall verteidigen, sagte Innenminister Jawad Bolani. Die kurdische Regionalregierung hat den sofortigen Abzug der türkischen Truppen gefordert. In Bagdad und Erbil ist man verärgert, dass Ankara vorher offenbar nur die Amerikaner informiert hat. Mancher Politiker wirft den Amerikanern zudem vor, die Kurden auf dem Altar der Türkei zu opfern. Umgekehrt ist es ein offenes Geheimnis, dass die Amerikaner frustriert sind über die aus ihrer Sicht laxen Maßnahmen von Barzani gegenüber der PKK und seine harte Haltung in Streitpunkten mit Bagdad. Diese verhindert, dass sich die Sicherheitsgewinne der letzten Monate in politischer Münze auszahlen.

Bisher beschränken sich die türkischen Angriffe auch nach Auskunft von Peschmerga-Kommandanten auf die PKK. "Wir wollen gute Beziehungen mit der Türkei", sagte Falah Mustafa Bekir, zuständig für Auslandsbeziehungen in der Regionalregierung. Der Konflikt mit der PKK könne jedoch nur politisch und wirtschaftlich gelöst werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • K
    kurd

    immer wird von pkk geredet, sie sei schlecht, terroristen und so, aber das ist nicht so. pkk kämpf für ein kurdistan. pkk hat mehreremale waffenstilstand angeboten, aber wer auf krieg nicht verzichten kann, ist die türkei. die pkk ist nur im kurdengebiet und verteidigt sich. die anschläge in der türkei sind nicht von der pkk, dass sind andere kurdische terroristen, elkaida und so. und türkei hat auch die hand im spiel, legt sogar selber bomben, dann wird sofort die pkk beschuldigt. man geht auf kurden nicht ein politisch, das ist der einzige weg sich zu wehren wie die pkk. wenn die türkei wirklich frieden möchte, würde sie es politisch lösen, kurden autonomie geben, aber weil das gar nicht in frage kommt, möchten sie die pkk vernichten, was nicht möglich ist, dass kurden gar keine macht mehr haben. wo ist da die demokratie.

  • MN
    Margot N.

    "Die Menschrechte haben sich dramatisch verbessert (...)" O- Ton Kommentator: ALI-BABA!

     

    Wer es glaubt, wird seelig!

     

    Schon mal darüber nachgedacht, dass die Menschen in den kurdischen Gebieten systematisch in den Dorgenhandel reingetrieben werden!

    Vielleicht mal darüber nachgedacht, dass das Militär evt. gar nicht raus will aus dem Osten- was ist danach?(Legitimation ihrer Existenz ?)

     

    Schlimm genug, dass es die PKK gibt!

     

    Die Menschen im Osten der Türkei brauchen endlich eine solide ökonomische Existenzgrundlage und besondere Entwicklungsförderung.

     

    Nur so, kann man der PKK den Boden unter den Füßen aufweichen und sie somit lahm legen.

    Gewalt/Waffengewalt und die unreflektierte boulevardmäßige Berichterstattung (durch die Presse/Türkei s. Fall Ludwigshafen) sind leider nicht gerade hilfreich noch förderlich!

  • B
    Bawer0958

    Wenn ich die schönen Propagandabildchen der türkischen Armee sehe, müsste ich lachen, wäre es nicht bitterer Ernst.

    Die TRC verstößt dabei nicht zum 1. Mal gegen internationales Recht, sie verstoßen ständig gegen die internationalen Menschenrechtsstandards.

    Herr Kardox weist zu Recht auf vergange Massaker gegen die kurdische Bevölkerung hin. Die Liste ist deutlich umfangreicher, genügt aber als Beispiel.

    Ein Ministerpräsident, der seine Landleute vor Assimilierungsversuchen warnt, sollte vor der eigenen Türe kehren. Seit Gründung der TRC versucht diese Republik, seine Staatsbürger über einen (türkischen) Kamm zu scheren. Dabei wird verfolgt, wer sich dem widersetzt. Das Problem ist folglich weit älter als dei Existenz der PKK.

    Wer Frieden in der TRC möchte, muss endlich dazu bereit sein, Kurden als eigenes Volk mit eigener Kultur, Geschichte und Sprache anzuerkennen. Dabei bedarf es in der Tat keine Eigenstaatlichkeit Kurdistans - die PKK hat diese längst aufgegeben - aber es bedarf verfassungsmäßig garantierter Autonomierechte. Wie die auszugestalten sind, entscheiden nicht die Bajonette sondern demokratisch gewählte Vertreter beider Völker unter dem Dach des türkischen Staates.

    Europa, die USA und die NATO müssen endlich begreifen, dass sie den Menschen Kurdistans nicht als leuchtendes Beispiel für Demokratie darstellen, solange sie aus geostrategischen Gründen einzig der Zentralmacht in Ankara beistehen.

    Es ist einem Kurden nicht verständlich zu machen, weshalb den Kosovaren, das Recht auf Eigenstaatlichkeit mit der NATO herbeigebombt wurde, Sie - die nichts anderes machen als um ihre Rechte kämpfen - einzig als Terroristen verunglimpft werden. Somit eröffnet der Westen keine Perspektive für Demokratie und Frieden.

  • A
    AliBaba

    Hallo Herr Kardox, verdrehen Sie nicht die Tatsachen. Erwähnen Sie doch auch die damalige Kooperation der Kurden mit den Engländern gegen die Türken, sowie jetzt die Kurden mit den Amerikanern gegen den Irak. Auch hier wird sich der Verrat der Kurden an sein Land dem Verräter Konsequenzen auferlegen. Die Geschichte vergisst solche Sachen nie.

     

     

    Nun zurück zu aktuellen geschehnissen die die PKK-Terroristen betreffen, nicht unsere Kurdischen Brüder:

     

    Dass die USA die Operation hinnehmen ist schon ein schwieriger Schritt gewesen. Die USA haben Jahre lang nichts gegen die PKK-Terroristen unternommen. Sie wollten ihre neuen kurdischen Verbündeten im Norden des Iraks nicht verärgern. Erst nachdem die Erlaubnis zur Intervention die Große Türkische Nationalversammlung passierte, erklärte Bush die PKK-Terroristen zum gemeinsamen Feind.

     

    Es ist nicht zu verkennen, dass die EU und USA eine gewisse Doppelmoral zeigen. Aber ich würdige dennoch den Lernprozess, den viele westeuropäische Staaten im laufe der Jahre durchlaufen haben. Die Intensität der DOPPELMORAL IST GERINGER GEWORDEN. Dieser Sinneswandel liegt für mich in der unmittelbaren Erfahrung, z.B. Madrid und London, begründet. Die Türkei macht ebenfalls weniger Fehler als früher. Die Menschenrechte haben sich dramatisch verbessert, die kurdische Identität wird offen angesprochen und die unterschiedlichen ethnischen Gruppen können ihre Sprache erlernen. Desweiteren sind knapp 100 kurdisch Stämmige Abgeordnete (80 von Erdogans AKP, 20 von der kurdischen DTP) im Parlament vertreten.

     

    Es gibt aber immer noch Staaten in der EU, die aus Eigeninteresse den Kampf gegen den Terror verhindern. Ich möchte ein zwei Beispiele geben:

     

    - Österreich ergreift PKK Terrorverdächtige (auf der Fahndungsliste der EU) und setzt sie in ein Flugzeug in den Nordirak, statt sie vor Gericht zu bringen oder an auszuliefern.

     

    - Dänemark duldet den Betrieb von Roj TV; Ein PKK Propagandasender der durch die Einnahmen von Drogengeldern und Menschenschmuggel finanziert wird.

     

    - Deutschland traut sich nicht wirklich an die PKK-Faschisten heran. Die PKK erpresst in Deutschland Schutzgelder, verkauft Drogen, betreibt Menschenschmuggel, rekrutiert Nachwuchs für den Kampf im Nordirak und verprügelt bei Demo's in BRD abundzu mal auch paar Deutsche Polizisten. Übrigens: durch das blinde und leichtgläubige Asylanten-Aufnahmemethode insbesondere für die Asylanten mit Kurdischer Herkunft konnte die PKK-Organisation in den80'er / 90'er mit Sozialunterstützung der BRD systematisch aufgebaut werden. Lesen Sie dazu die BND-Berichte.

     

    Indem Herr Solana und Scheffer keine Kommentare abgeben zeigen sie, dass Sie die Operation zumindest dulden. Ich nehme an dass auch die EU gemerkt hat, dass die PKK nichts mit dem Volk vom KARL MAY erwähnten Kurden zu tun hat.

  • LM
    Lisa Mona

    Dass die Kurden im Nordirak glauben, dass die Militäroffensive nicht der PKK, sondern an die zivile Bevölkerung im Nord-Irak gerichtet ist, stellt eine reine Spekulation dar. Jedenfalls kann diese Vermutung nicht durch Tatsachen belegt werden. Unberücksichtigt bleibt immer wieder, dass die PKK keine Rebellenorganisation oder eine reine Arbeiterpartei im sinne einer politischen Partei ist. Die Parteieigenschaft an sich ist schon nicht gegeben, da gegen die Grundsätze der Wählbarkeit, der Anerkennung der Verfassung sowie der demokratischen Prägung nicht erfüllt sind. Die PKK ist eine terroristische Organisation, welche seit ihrer Gründung 1978 in Form verschiedenster Gewalt gegen die türkische Regierung sowie die türkische Bevölkerung vorgeht. Auch ist das Ziel der PKK bis heute unklar, da immer wieder ein Wechsel hinsichtlich ihres Ziels stattgefunden hat. So haben z. B. auch mehrere Änderungen des Namens der Organisation stattgefunden. Bis 2004 noch hat die PKK Kinder als Soldaten aus der Türkei, Syrien sowie dem Irak rekrutiert. Auch aus europäischen Ländern wie Deutschland, Schweden sowie Frankreich wurden Kinder angeworben. Allein 3000 Kindersoldaten konntenach der "Coalition to Stop the Use of Child-Soldiers" 1998 geschätzt werden. Das eigene "Parteiprogramm" der PKK gibt an, dass die Methoden des sog. Revolutionskampfes in weitem Umfang auf Gewalt basieren. Damit gibt die PKK selbst klar zum Ausdruck, dass sie keine friedliche Lösung des Konfliktes möchte. Dies kommt insbesondere durch ständige Terrorattacken auf türkische Touristenorte wie Antalya, Marmaris sowie Bodrum klar zum Ausdruck. Was die PKK übersieht ist, dass in der Türkei ein erheblicher Anteil kurdischstämmiger Kurden ebenfalls Ziel dieser Attacken werden und diesen blutigen Angriff verachten. Die einzige Lösung für diesen Konflikt ist eine friedlicher, humaner und demokratischer Weg. Die PKK sollte als erstes das Wahlrecht in eigenen Reihen einführen, damit die Angehörigen ihrer Organisation nicht von oben nach unten hierarchisch dirigiert werden. Auch sollte die PKK erkennen, dass Kinder unter besonderem Schutz, auch in der Türkei stehen und nicht als Munition für ihren blutigen Kampf missbraucht werden dürfen.

     

    Liebe Grüsse,

     

    Lisa

  • HK
    Hejaro Kardox

    Meine Damen und Herren!

    Die Türkei würde leider Mal wieder nicht zugeben, dass es ein Fehler war die PKK sogar in der kurdischen Autonomie Region zu verfolgen. Dieser Staat dachte; sie würden dort einmarschieren und die kurdischen Führer mit Herr Barzani zusammen gleich am ersten Tag festnehmen.

    Der Grund, dass das türkische Militär in den Autonomen Kurdengebiet einmarschiert ist, ist eindeutig die kurdische Autonomie Region und die türkische Ängste vor ein Kurdistan, was sich langsam stabilisiert.

    Auch die Toten und Verletzen haben alle kurdischen Medien so ähnlich darüber berichtet, wie auch die TAZ berichtete. Das Militär und der türkische Staat ist dafür sehr bekannt, sehr gut verfälschen zu können.

    Damit man nicht ständig sagt, der Grund sei nur die PKK: 1938 finden in Dersim die systematischsten und brutalsten Massaker an den Kurdinnen in Nord-Kurdistan statt. Es werden nach verschiedenen Schätzungen 50.000 bis 80.000 Menschen massakriert. Etwa 100.000 Menschen werden in die Türkei deportiert. Dieser Aufstand wird Ende 1938 vollständig niedergeschlagen.

    Eindeutig war das ein Völkermord an Kurden, wie es auch der Völkermord an Armeniern.

     

    Vielen Dank

    Mit freundlichen Grüßen

    H.Kardox