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die wahrheitOskar Lafontaine und der Dorfpuff Deutschland

Man kennt die Szenerie aus der Provinz: Am Ortsrand liegt der Dorfpuff, knapp vor dem Ortsschild...

Man kennt die Szenerie aus der Provinz: Am Ortsrand liegt der Dorfpuff, knapp vor dem Ortsschild und damit außerhalb. Innerhalb der Ortsgrenzen beklagen sich die Kirchen- und Frauenvereinsmitglieder über das Bordell und die Huren, die angeblich die Moral untergraben. Die Politiker fallen in die Klage ein, sind sie doch mit den Frauenvereinsmitgliedern verheiratet und müssen sonntags mit ihnen in die Kirche. Nachts aber wohnen die Herren Politiker den Damen des Gewerbes bei. Jeder weiß es im Ort, die Klatschweiber zerreißen sich das Maul, und so geht alles seinen gewohnten Gang unter der neonroten Leuchtreklame mit dem Wort "Scheinheiligkeit".

In der großen Politik geht es nicht anders zu als in der Provinz, nur sind die Rollen etwas anders besetzt. Die Politiker kommen zum Beispiel aus der SPD. Das Klatschweib heißt Bild und die Hure Oskar Lafontaine. Damit das von vornherein klar ist: Nichts gegen den ehrenwerten Beruf der Hure. Die meisten Huren haben mehr Ehre im linken Nippel als mancher Politiker in seiner Schwurhand. Aber eine Hure ist eben eine Hure.

So auch im Fall Lafontaine, mit dem ich ein einziges Mal zu tun hatte. Vor fast genau fünf Jahren betreute ich die Feindes-taz und arbeitete mit dem Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zusammen, der einen Tag lang taz-Chef war. Die Bild-Redaktion, heißt es, sei der bestbezahlte Kindergarten der Republik. Das ist so nicht richtig. Die Bild-Redakteure sind vielmehr Deutschlands reichste Pubertierende. Sie haben nur Mist in der Birne, können aber alles bekommen, was sie wollen, weil sie Geld haben. Das ist das ganze Geheimnis: Sie kaufen sich jeden. Fast jeden.

Diekmann wollte für die Feindes-taz unbedingt einen Kommentar von Angela Merkel, doch die verweigerte sich entschieden. "Dann muss Lafontaine her!", erklärte Diekmann und ließ sich rapido verbinden. Lafontaine stellte nur eine Frage: "Wie viel?" Mancher hätte sich gewunden, hätte verhandelt, nein, Lafontaine beherrschte das Geschäft, schließlich hatte er Anfang der Neunzigerjahre die "Rotlichtaffäre" überstanden, dabei zugegeben, in Nachtlokalen zu verkehren, und letztlich gegen den "Schweinejournalismus", so Lafontaine, ein rigideres Presserecht durchgesetzt. Mit der Souveränität eines erfahrenen Freiers antwortete ihm Diekmann mit nur einem Wort: "Fünfhundert." Lafontaine schrieb dann einen belanglosen Kommentar über sein Lieblingshassthema: die heruntergekommene SPD, der die Mitglieder in Scharen weglaufen.

Nach der Hamburg-Wahl titelte Bild am Montag dieser Woche: "Macht Lafo Deutschland unregierbar?" Und da ist sie wieder, die Einheit von Bordell, Politik und Boulevard. Jahrelang arbeitete Lafontaine im Freudenhaus SPD, verließ es dann im Streit und suchte sich ein neues Etablissement im Osten. In der Übergangszeit verdingte er sich als Kolumnist bei Bild. Jetzt aber, da die scheinheiligen SPD-Politiker, die nie, nie mit den Linken ins Bett steigen wollten, vage andeuten, dass es eventuell eine Annäherung geben könnte, da rügt das bigotte Blut-und-Sperma-Blatt Bild die Moral der Politiker und warnt vor dem Teufel Lafo.

Der Dorfpuff Deutschland: ein Sittenbild aus der Provinz.

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2 Kommentare

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  • R
    rotstift

    Herr ringel, wieviel Zeilenhonorar haben Sie für diesen text bekommen - und wieviel Provision von der SPD-Zentrale? - oder ddoch nur die Aussicht bei einem SPD-Bundestagsabgeordneten unterzukommen, wenn die Druckkosten für die fa... äh taz wieder mal zu hoch werden? Was für ein rufmord, wenn man sich dies jetzt im Nachhinein durchliest.

  • F
    Freund

    Ach lieber Herr Ringel wären Sie doch in der Bild Redaktion geblieben.