Kurze Schicht: Polizisten wollen länger arbeiten

Die Beamten wehren sich gegen die Reduzierung ihrer Schichtdauer von zwölf auf nur noch acht Stunden.

Polizisten haben schlechte Karten: Ihr Präsident will sparen und deshalb die Arbeitszeiten ändern. Bild: AP

Nach außen wirkt Andreas Hahn völlig ruhig. Innerlich dürfte es etwas anders aussehen, denn der junge Kriminalbeamte ist auf dem Weg, im Abgeordnetenhaus eine Petition gegen das geplante neue Arbeitszeitmodell bei der Polizei einzureichen. Begleitet wird er dabei von den Vorsitzenden der beiden großen Berufsverbände, der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Mit seiner Eingabe will Hahn erreichen, dass der alte Zwölf-Stunden-Wechselschichtdienst erhalten bleibt und nicht, wie vom Polizeipräsidenten geplant, künftig in ein Acht-Stunden-System umgewandelt wird. So wollen Senat und Polizeiführung auch Geld sparen, da Schichtzulagen und Ähnliches entfallen würden.

Das neue Modell, das ursprünglich schon am Samstag in Kraft treten sollte, macht derzeit Furore in der Berliner Polizei - zumindest bis Anfang 2009 ist dessen Einführung aber erst einmal verschoben, sagt GdP-Chef Eberhard Schönberg. Doch warum wollen Berlins Ordnungshüter überhaupt unbedingt längere Schichten schieben, als sie sollen?

Die Materie ist für Außenstehende etwas kompliziert: Tritt eine BeamtIn beispielsweise montags um sieben Uhr zum Zwölf-Stunden-Dienst an, beginnt die nächste Schicht derzeit um 19 Uhr am Dienstagabend; danach wäre Ruhe bis zum Freitagmorgen, gefolgt von der Nachtschicht am Samstag und so weiter. Um im Beispiel zu bleiben, begänne das neue Dienstmodell am Montag mit einer Frühschicht von acht Stunden, nächste Frühschicht am Dienstag, danach zweimal Spät- und zweimal Nachtschicht. Betroffen davon wären die BeamtInnen des örtlichen kriminalpolizeilichen Sofortdienstes in den sechs Polizeidirektionen, deren Lagediensten, in den Funkzentralen, den Gefangenensammelstellen und beim Objektschutz - insgesamt also rund 3.500 PolizistInnen.

BDK und GdP sehen in diesem Modell nicht nur eine Verschlechterung der sozialen Lage der BeamtInnen, sondern auch Probleme bei der Kriminalitätsbekämpfung. Allein durch die vermehrt notwendig werdenden Schichtübergaben könne es bei Diebstählen und Einbrüchen zu längeren Wartezeiten für die Geschädigten kommen, sagt BDK-Chef Rolf Kaßauer. Akute Einsätze etwa der Spurensicherung ließen sich ohnehin nicht zwischendurch abbrechen und führten aktuell schon regelmäßig zu Überstunden. Deren Anstieg schätzen Schönberg und Kaßauer beim geplanten neuen Rhythmus auf rund 50 Prozent. "Verbrechen sind nicht planbar und das neue Modell bürgerunfreundlich und letztlich teurer", meinen beide.

Andreas Hahn sagt es profaner: "Ich will zwischendurch auch mal meine Frau und meine Kinder sehen." Was niemand sagt, aber alle wissen: Bei kürzeren Dienstantritten sinken auch die Möglichkeiten eines Nebenjobs - gerade für die BeamtInnen der unteren Besoldungsstufen ist das nicht ganz unwichtig.

Seit Anfang der 70er-Jahre gilt das beliebte Zwölf-Stunden-Modell. Wenige Jahre später wollte es der damalige Polizeipräsident Klaus Hübner abschaffen. Er scheiterte am Widerstand der Gewerkschaften. Heute wünscht der Pensionär Hübner dem Kripomann Hahn "viel Glück" mit seiner Petition.

Eine Petition ist dabei zunächst einmal eine ganz persönliche Angelegenheit. Denn jede/r BürgerIn hat das Recht, sich schriftlich an den entsprechenden Ausschuss des Abgeordnetenhauses zu wenden. Dieser ist berechtigt, vom Senat alle Unterlagen und Auskünfte anzufordern, die sich auf den Fall beziehen.

Trotz dieses privaten Charakters hat Andreas Hahn bei den KollegInnen seit Januar bereits 1.470 Unterschriften zur Unterstützung gesammelt. Über den Ausgang darf man also gespannt sein.

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