Pünktlich zum 5. Jahrestages des Irak-Krieges: Al-Qaida droht Europa mit Vergeltung

Bin Laden meldet sich mit einer Videobotschaft zu Wort. Wegen der Mohammed-Karrikaturen will der Al-Qaida-Chef mit seinen Feinden abrechnen.

"Ihr habt es in eurem Unglauben übertrieben" - Mohammed-Karikaturen in europäischer Zeitung Bild: dpa

KAIRO taz Mit einer unverhohlenen Drohung gegen Europa meldete sich gestern wieder Al-Kaida Chef Bin Laden zu Wort und drohte mit einer Vergeltungsaktion für die in dänischen Zeitungen veröffentlichten Mohammed-Karikaturen. Europa müsse sich auf eine "Abrechnung" gefasst machen, heißt es in der über islamistische Webseiten verbreiteten fünfminütigen Botschaft, die das Logo der Al-Kadia Medienorganisation Al-Sahab trägt.

Dabei greift Bin Laden auch das Argument der Meinungsfreiheit an, mit dem die Veröffentlichung der Karikaturen verteidigt worden war. "Wenn ihr die Freiheit eurer Worte nicht kontrolliert, dann stellt Euch auch auf die Freiheit unserer Taten ein", warnt er. Die Karikaturen seien ein größeres Verbrechen als das Vorgehen der westlichen Truppen gegen muslimische Dörfer und die Tötung von Frauen und Kindern. Die "Abrechnung" werde noch "ernster" sein. Diesmal würden die Europäer nicht von dem Anschlag hören, sondern ihn selber sehen.

Interessant ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Botschaft am Geburtstag des Propheten Muhammad, der gestern in der islamischen Welt gefeiert wurde. Dies ist normalerweise ein Anlass für arabische Staatsmänner, um Grundsatzreden zu halten. Offensichtlich will Al-Kaida eine Gegenöffentlichkeit zu diesen Regimen aufbauen.

Der Zeitpunkt ist aber noch in anderer Hinsicht bedeutend: die Rede wurde am 5. Jahrestag der Irak-Invasion ins Internet gestellt, Bin Laden erwähnt den Irak aber nur am Rande. Die "grausamen Handlungen" der US-geführten Miltärkoalitionen im Irak und in Afghanistan hätten "den Krieg nicht beendet", sondern vielmehr "unsere Entschlossenheit gestärkt, an unseren Rechten festzuhalten, unser Volk zu rächen und die Invasoren aus unserem Land zu jagen", sagte Bin Laden an einer Stelle.

Offensichtlich glaubt die Al-Kaida-Führung in der islamischen Öffentlichkeit mit dem Thema der dänischen Muhammad-Karrikaturen heute besser punkten zu können als mit dem Thema Irak. Abschätzig äußerte sich Bin Laden über US-Präsident George W. Bush, den er als Europas "unterdrückerischen Verbündeten" bezeichnete, "der - zusammen mit seiner aggressiven Politik - bald das Weiße Haus verlassen" werde.

Es lässt sich nur spekulieren, ob die Anschlags-Drohung bereits mit konkreten operativen Plänen verbunden sind. Der Chef der Organisation IntelCenter, die die Webseiten der militanten Islamisten beobachtet, Ben Venzke, sieht in Bin Ladens Botschaft eine "klare Bedrohung gegen EU-Mitgliedstaaten und einen Hinweis auf einen möglicherweise bevorstehenden bedeutenden Angriff". Einer seiner Mitarbeiter, Adam Raisman, spricht davon, dass die neue Botschaft mit einer Diskussion in den einschlägigen Dschihad-Online-Foren einhergeht, in der Rache für die dänischen Karikaturen gefordert wird.

Insgesamt hat die Al-Kaida-Führung seit den Anschlägen am 11. September 2001 über 50 mal Botschaften über den Fernsehsender Al-Jazeeera oder das Internet abgesetzt. Vor allem in den letzten zwei Jahren gab es eine regelrechte Inflation zu den Themen Pakistan, Irak und dem Nahostkonflikt. Bin Laden selbst hatte sich zuletzt Ende Dezember 2007 zu Wort gemeldet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.