Österreich streitet über Moscheen: "Schleichende Eroberung"

Rechtspolitiker Strache mokiert sich über den Neubau muslimischer Gotteshäuser. Doch Österreichs Kardinal Schönborn hat mit Moscheen kein Problem.

Angst, in der Moschee nichts zu verstehen? Wahlplakat von Herrn Strache. Bild: dpa

WIEN taz Während in den Kirchen die Karfreitagsmessen und Osterprozessionen vorbereitet werden, tobt in Österreich ein Streit über muslimische Gotteshäuser. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache empörte sich über Kardinal Christoph Schönborn, der in einem Fernsehinterview gegen ein Bauverbot für Moscheen und Minarette plädiert hatte.

"Fahrlässig" seien die Äußerungen des höchsten katholischen Würdenträgers, und ein Fall "gesellschaftspolitischer Kurzsichtigkeit, so Strache in einer Pressemitteilung seines Parteisekretariats. Für den politischen Rechtsaußen sind Minarette Ausdruck der "gewollten Nichtanpassung an Werte und Traditionen der Gastländer". Er erkennt in den Gebetstürmen ein "Symbol schleichender Eroberung". Kardinal Schönborn wirft er vor, die Einschränkungen der freien Religionsausübung für Christen in der Türkei zu ignorieren.

Schönborn war in der ORF-Pressestunde am vergangenen Sonntag auf die sichtbare Zunahme islamischer Gläubiger in Österreich angesprochen worden. Während er gegen Vollverschleierung im privaten Bereich keine Einwände hat, würde er Ganzkörperschleier in öffentlichen Funktionen, etwa bei Lehrerinnen, nicht akzeptieren. So zeigte er auch Verständnis für den Richter, der die komplett verschleierte Nebenangeklagte beim ersten österreichischen Islamistenprozeß Anfang des Monats aus dem Saal gewiesen hatte. Warum Muslime keine Gebetshäuser bauen sollen, ist ihm nicht klar. "Wo ist das Problem?"

Mehr Freude hat die FPÖ mit dem Vorarlberger Diözesanbischof Elmar Fischer, der Anfang der Woche "den Mut fand", so Strache, Moscheen und Minarette als Gefahr für den sozialen Frieden anzuprangern.

Die Aufregung um (möglicherweise) geplante Minarette wird vor allem von den Rechtsparteien FPÖ und BZÖ angeheizt und politisch ausgeschlachtet. Bei den Regionalwahlen in Niederösterreich am 9. März konnte sich die FPÖ in der Gemeinde Bad Vöslau über den höchsten Zuwachs freuen: von 11,62 Prozent auf 16,15 Prozent. Die Freiheitlichen hatten sich dort vehement gegen den Bau eines türkischen Kulturzentrums engagiert.

Jörg Haider, Gründer des rechtspopulistischen Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) und Landeshauptmann Kärntens, hat Anfang des Jahres in seinem Bundesland mit der Unterstützung von FPÖ und ÖVP ein de facto Bauverbot für Moscheen durchgesetzt. Um die verfassungsmäßig garantierte Freiheit der Religionsausübung auszuhebeln, behalf man sich mit der Bauordnung. Eine eigene Kommission muß prüfen, ob ein geplantes Gebäude auch in das Ortsbild passt. Handlungsbedarf bestand keiner: in Kärnten sind Moscheen weder in Bau, noch geplant.

In ganz Österreich existieren rund 200 muslimische Gebetshäuser und -räume. Die meisten sind diskret in türkischen oder islamischen Kulturzentren untergebracht. Moscheen gib es genau zwei: eine in Wien und eine in der Tiroler Gemeinde Telfs, deren Bau dort monatelangen Streit ausgelöst hatte. Inzwischen finden die Telfser, dass der schmucke weiße Bau mit seinem 15 Meter hohen Minarett das Ortsbild bereichert.

Muslime sind mit 400.000 Gläubigen die drittgrößte Religionsgemeinschaft in Österreich. In Wien und Vorarlberg liegen sie sogar vor den Protestanten an zweiter Stelle. Aber während den 5,6 Millionen Katholiken insgesamt 8000 Kirchen offen stehen, was einem Schnitt von 700 Gläubigen pro Gotteshaus entspricht, müssen sich 2000 Muslime ein Gebetshaus teilen. In Wien kommen gar 3000 auf ein Gotteshaus.

Omar Al-Rawi, Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreichs und SP-Gemeinderat in Wien, findet es daher nicht abwegig, über zusätzliche Bauten nachzudenken. "Die Gebetshäuser haben nicht mehr genug Kapazität. Es ist an der Zeit, eine zweite Moschee in Wien zu bauen und eine ehrliche Diskussion darüber zu führen, dass Muslime sichtbar werden".

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