Rechtsextremismus: Neonazis wollen Recht sprechen

Die NPD ruft ihre Anhänger auf, sich als Schöffen zu bewerben. Linke-Parteichef Klaus Lederer und Ver.di zeigen sich besorgt. Die Justizverwaltung gibt sich hingegen gelassen. Bekannte Neonazis hätten bei der Wahl keine Chance.

Gerade einmal mit Mühe und Not schafft es die rechtsextreme NPD, ihre Posten in den vier Bezirksverordnetenversammlungen regelmäßig mit ihren Leuten zu besetzen. Nun werden sie völlig übermütig: Sie wollen als ehrenamtliche Richter die Justiz unterwandern.

Der Landesverband der NPD ruft auf seiner Homepage "alle nationalen Menschen dieser Stadt" dazu auf, sich als Schöffen zu bewerben. Zur Begründung heißt es: Die "Interessen der deutschen Bürger" müssten "zukünftig noch nachhaltiger vertreten" werden können. Zwei Mitglieder der NPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Lichtenberg hätten ihre Bewerbung bereits abgegeben.

"So eine Situation hatten wir noch nie", sagte der BVV-Vorsteher in Lichtenberg, Rainer Bosse (Linke). Bosse geht fest davon aus, dass das Bezirksparlament eine Kandidatur der beiden Rechtsextremisten verhindern werde. Das Problem, das er sieht: "Niemand verfügt über eine Mitgliederliste der NPD."

Linke-Landeschef Klaus Lederer mahnte zur Vorsicht. "Das ist eine ernsthafte Bedrohung", sagte der Rechtspolitiker. Vor Gericht habe jeder Schöffe die gleichen Rechte wie ein Berufsrichter. Die Neonazis könnten also durchaus auf Urteile Einfluss nehmen und ihre "nationale Rechtspflege" befördern, sagte Lederer. "Das sollte man nicht unterschätzen." Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sorgt sich um den Aufruf der NPD. "Wir dürfen den Nazis die Schöffenwahlen nicht überlassen", sagte Andreas Köhn, stellvertretender Ver.di-Landesbezirksleiter. Ver.di ruft ihre eigenen Mitglieder auf, sich für dieses Ehrenamt zu bewerben.

Die Justizverwaltung sieht die Ambitionen der Rechten hingegen weitgehend gelassen. "Mein Problem sind nicht ein paar rechte Hansel, sondern dass die Bevölkerung sich nicht interessiert", sagte hingegen Justizstaatssekretär Hasso Lieber. Für die neue Periode ab 2009 werden derzeit händeringend Bewerber gesucht, die Resonanz ist jedoch gering (siehe oben).

Bei der Schöffenwahl stimmen die Bezirksparlamente über eine Vorschlagsliste ab, das letzte Wort hat der Schöffenwahlausschuss. "In beiden Gremien müssen die Schöffen mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden", berichtet Lieber. Ein bekannter Neonazi habe kaum eine Chance - und sollte doch "ein rechtsextremistisch gesinnter Stammtischbruder" durchrutschen, so Lieber, sei er spätestens am Gericht zum Scheitern verurteilt. Dort müsse er argumentieren. Wer sonst "nur am Stammtisch rumblöke", habe dafür aber kaum das Potenzial. FLEE, DDP

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.