piwik no script img

Finanzkrise fordert weiteres OpferKfW-Chefin tritt zurück

Ingrid Matthäus-Maier, Chefin der staatlichen Förderbank KfW, gibt ihren Posten auf. Ursache sind die Milliardenverluste der Mittelstandsbank IKB, an der die KfW beteiligt ist.

Aus und vorbei: Die KfW muss sich nach einer neuen Chefin umsehen. : ap

BERLIN taz Die erste Frau an der Spitze eines großen deutschen Kreditinstituts ist offenbar zurückgetreten. Ingrid Matthäus-Maier, Vorstandssprecherin der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), gab am Montag ihr Amt auf, berichtete die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Informationen aus dem Verwaltungsrat. Eine Sprecherin der Förderbank KfW wollte die Meldung am Nachmittag nicht kommentieren, solange die Ratssitzung noch andauere.

Seit Oktober 2006 leitete Matthäus-Meier als Vorstandssprecherin die staatliche KfW. Ihr Rücktritt kam nicht überraschend, seit einiger Zeit wurde es eng für sie. Der Grund: Die angeschlagene Mittelstandsbank IKB, an der die KfW mit 43 Prozent der größte Eigentümer ist. Die IKB hatte sich in der Vergangenheit auf dem US-Immobilienmarkt verspekuliert - nur milliardenschwere Hilfen unter anderem von der KfW konnten sie retten. Seit Längerem war vermutet worden, dass Matthäus-Meiers Vertrag, der im Sommer kommenden Jahres ausläuft, nicht verlängert wird. Nun der vorzeitige Rücktritt.

Machtkämpfe hatte die 62-Jährige schon einige durchgestanden. Zuletzt wollte die Union der SPD-Frau den Chefposten bei der KfW streitig machen. Sie verstehe zu wenig vom Bankgeschäft, sieben Jahre Erfahrung in der KfW reichten nicht. Eine Pressekonferenz beseitigte die Zweifel. Zusammen mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann präsentierte sie ein Programm zur Mittelstandsförderung - nicht unbedingt ein Anlass, bei dem sich ein Banker wie Ackermann blicken lässt. Seine Botschaft war deutlich: willkommen in der Hochfinanz.

Die Finanzkrise hat Matthäus-Meier nun eingeholt. Unglücklich waren ihre Äußerungen, nachdem die IKB-Verluste im vergangen November bekannt wurden. Die komplizierten Finanzkonstruktionen habe sie lange Zeit nicht verstanden, sagte sie damals. Sie habe das Thema unterschätzt, zu viele Fragen seien bislang unbeantwortet. Peter Ramsauer von der CSU fragte daraufhin, ob Matthäus-Maier unbedingt weiter im Amt bleiben müsse. Doch Torsten Albig, Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), wies Berichte über eine Nichtverlängerung von Matthäus-Maiers Vertrags als "reine Spekulationen" zurück.

Auf die Loyalität der Sozialdemokraten konnte sie offensichtlich zählen. Die "aufrechte Ingrid" wird sie bei der Partei genannt, für die sie 17 Jahre im Bundestag saß, die meiste Zeit als finanzpolitische Sprecherin. Als eine der Ersten votierte sie gegen die Genehmigung weiterer Atomkraftwerke und mahnte, dass "Ökologie und Ökonomie zusammen gedacht werden müssen". Zuvor war sie Vorstandsmitglied in der FDP, bis sie 1982 die Liberalen wegen deren Wende hin zur CDU verließ.

Möglich, dass die KfW-Chefin nun zum Bauernopfer für Steinbrück wurde. Der hatte sämtlichen Bankmanagern Unfähigkeit vorgeworfen. Matthäus-Maier fühlte sich davon nicht angesprochen, wie sie in einem Interview sagte. Sie sei aber "betrübt, dass das Thema IKB das eigentliche Geschäft so überlagert". 2007 dürfte nämlich aller Voraussicht nach das finanziell erfolgreichste Jahr in der Geschichte der KfW werden. 2008 wird das wohl nicht zu schaffen sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen