Streikpläne der Postangestellten: Die Post geht ab

Ver.di lässt die Postler über einen unbefristeten Streik abstimmen. Es gab bereits Warnstreiks - und eine Annäherung im Tarifkonflikt ist nicht in Sicht.

Streiken die Postangestellten unbefristet? Bild: dpa

BERLIN taz Der Tag der Entscheidung ist da. Heute stimmen die 130.000 Tarifangestellten der Post darüber ab, ob sie ab dem 2. Mai unbefristet in den Streik treten. Seit den gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag am vergangenen Wochenende laufen bereits bundesweite Warnstreiks. Viele Briefsendungen werden schon jetzt nur mit Verzögerung zugestellt.

Kernpunkt des Tarifkonflikts ist die Forderung der Arbeitgeber nach längeren Arbeitszeiten für die Postbeschäftigten. Die 130.000 Tarifangestellten sollen eine halbe Stunde, die 55.000 Post-Beamten eineinhalb Stunden pro Woche mehr arbeiten als bisher. Ver.di fürchtet, dass - als Folge der erweiterten Arbeitszeit - Stellen abgebaut werden, und fordert im Gegenzug zehn freie Tage im Jahr mehr. Damit soll die "arbeitsplatzvernichtende Wirkung" einer Arbeitszeiterhöhung für die 55.000 Beamten kompensiert werden, sagte die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Bis zu 12.500 Arbeitsplätze könnten laut Ver.di sonst verloren gehen.

"Eine reine Fantasiezahl", nennt Uwe Bensien, Pressesprecher der Post, diese Angabe. Das Tarifangebot der Arbeitgeber umfasse doch gerade die Zusage, dass es bis 2011 keine betriebsbedingten Kündigungen gebe, sagt Bensien der taz. Ver.di-Sprecher Günter Isemeyer hält das für "reine PR". Die Post garantiere damit nämlich keine Vollzeitstellen. Oft würden die Zustellbezirke einfach so stark vergrößert, dass die Angestellten überfordert seien und freiwillig in Teilzeitstellen wechselten, sagte Isemeyer der taz (siehe Text unten).

Weiterer Streitpunkt zwischen den Tarifparteien sind die Gehaltsforderungen. Ver.di fordert sieben Prozent mehr Gehalt für die Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Post bietet Lohnerhöhungen an, die sich in zwei Schritten auf 5,5 Prozent summieren. "Auch das eine PR-Geschichte", sagte Isemeyer. Effektiv würden nämlich nur zwei Prozent im Volumen angeboten, unter anderem weil der höhere Lohn erst ab November gezahlt werden soll - der Tarifvertrag läuft aber schon Ende April aus.

Auch Jürgen Wolf, Fachbereichsleiter bei der Post, hält die Lohnforderung der Gewerkschaft für angemessen. Wer bei einem Gewinn von 3,7 Milliarden Euro im letzten Jahr, einer Dividendenerhöhung von 20 Prozent und einer Gewinnprognose von mehr als vier Milliarden Euro für 2008 Tarifangebote unterbreite, die einem kurz vor der Insolvenz stehenden Unternehmen angemessen seien, dürfe sich über die Gegenwehr der Gewerkschaft nicht wundern, sagte er.

Von den Arbeitsniederlegungen sind schon jetzt weite Teile Deutschlands betroffen. Dem gestrigen Aufruf zu Warnstreiks folgten laut Isemeyer insgesamt rund 5.000 Beschäftigte. Allein in Nordrhein-Westfalen waren rund 30 Städte betroffen, mehr als eine Million Briefe und 30.000 Pakete blieben liegen.

In Bayern streikten rund 800 Beschäftigte in 50 Zustellerzentren. Mindestens 800.000 Briefe und 14.000 Pakete wurden dort nicht ausgeliefert. Ähnlich sah es in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg aus: Mehr als 500 Briefträger und Paketzusteller legten die Arbeit nieder. Weitere Streikschwerpunkte waren Dresden, Dessau, Chemnitz, Trier, der Westerwald und die Pfalz.

Post-Sprecher Bensien verspricht aber, dass "alle Sendungen ankommen". Die Verzögerung betrage in den meisten Fällen nur einen Tag. Die Aktionen von Ver.di hält er trotzdem für "überzogen". Die Post sei schließlich "uneingeschränkt gesprächsbereit". Der aktuelle Streik berge zudem die Gefahr, dass Kunden zur Konkurrenz abwanderten.

Ver.di-Vize Kocsis gab sich gestern kampfbereit: "Die Ver.di-Mitglieder lassen sich nicht beirren und sind bereit, zu kämpfen, bis der Arbeitgeber ein substanziell anderes Angebot auf den Tisch legt."

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