Militär will Referendum durchdrücken: Denkzettel für Birmas Junta erwartet

Während die Opferzahlen durch den Sturm in Birma immer weiter steigen, interessiert die Junta vor allem eines: Mit aller Macht will sie ihr Referendum durchsetzen.

Will die Katastrophenlage für ihre Zwecke ausnutzen: Birmesisches Militär Bild: dpa

BANGKOK taz Selbst Birmas Militärs gehen von weitaus mehr Toten aus als bisher veröffentlicht. Ein Armeevertreter schätzte, dass allein im Bezirk Laputta im schwer verwüsteten Irrawaddy-Delta mit 80.000 Toten gerechnet werden müsse. Und die ranghöchste US-Diplomatin in Birma, Shari Villarosa, nannte gar die Zahl von 100.000 Toten. Villarosa berief sich dabei auf die Angaben einer Hilfsorganisation.

Der UN-Sicherheitsrat erklärte unterdessen, die Vereinten Nationen würden Birmas Militärregierung nicht dazu zwingen, weitere internationale Hilfe ins Land zu lassen. Das Gremium lehnte eine entsprechende Forderung Frankreichs ab. Angesichts steigender Opferzahlen hatten unter anderem die USA an die Junta appelliert, ausländischen Helfern ungehinderten Zutritt ins Katastrophengebiet zu erlauben. "Es handelt sich hier nicht um Politik, sondern um eine humanitäre Krise", so US-Außenministerin Condoleezza Rice.

Für Birmas Generäle zählt nur eines: das für Samstag angesetzte Verfassungsreferendum durchzudrücken. Nach Ansicht von Regimekritikern geht es nur darum, die Herrschaft der Generäle zu sichern und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi aus der Politik herauszuhalten.

Dissidenten sowie Parlamentarier der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean hatten die Generäle vergeblich aufgefordert, das Referendum zu verschieben. "Jetzt darauf zu beharren, zeigt den Unwillen des Regimes, das Wohlergehen des Volkes über seinen eigenen Wunsch zu stellen, an der Macht zu bleiben", schrieben rund 100 Parlamentarier der Asean, die sonst für ihre Politik der Nichteinmischung gegenüber Birma bekannt ist.

Beobachter befürchten, dass die Wut der Menschen über das Krisenmanagement der Junta in politischen Aufruhr münden könnte, sollte sich die Situation nicht innerhalb der nächsten zwei Wochen verbessern. Der Politologe Win Min aus dem nordthailändischen Chiang Mai sagt: "Sie haben nichts mehr zu verlieren."

Zunächst dürfte die Junta beim Referendum einen Denkzettel kassieren, glaubt der ehemalige politische Gefangene und Publizist Zin Linn. Zur taz sagte er: "Nach dem Sturm haben die Militärs nichts unternommen, um umfassende Hilfsmaßnahmen einzuleiten." "Die Menschen haben sich gefragt, wo denn die Hilfe von der Militärregierung bleibe. Deswegen könnte alles darauf hinauslaufen, dass sich das Volk gegen das Referendum wendet."

Die Militärs ahnen dies. Die Organisation "Karen Human Rights Group" berichtet, dass Bewohner im ebenfalls vom Wirbelsturm betroffenen Karen-Staat bereits zu Abstimmungen gezwungen wurden. Zin Linn bestätigt, dass die Junta versucht, die Katastrophenlage für ihre Zwecke auszunutzen. Beispielsweise müssten Polizei und Soldaten ihre Stimmzettel vorab ausfüllen. "Regierungsangestellte werden in die Ministerien einbestellt und müssen ihre Stimmen vor den Autoritäten abgeben", kritisiert er.

Saw David Thakapaw von der Exilvereinigung "National Council of the Union of Burma" sagte der taz, die jetzige Katastrophenlage werde zwar nicht unmittelbar zu politischen Veränderungen führen. Aber die Unzufriedenheit im Volk nehme zu: "Seit der Ermordung der Mönche gibt es sowieso ein wachsendes politisches Bewusstsein", so Saw David. Die Junta hatte im September 2007 deren Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen. "Es wird wachsenden Widerstand gegen die despotische Herrschaft der Militärs geben."

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