Kein Grund zum Boykott: Die Biomilch machts noch

Obwohl sie noch nicht betroffen, sind erklären sich Biobauern solidarisch mit den konventionellen Kollegen. Außerdem erhöht die erste Molkerei die Literpreise auf 43 Cent.

Die schon protestierenden Milchbauern bekommen vielleicht bald Unterstützung von den Bio-Landwirten. Bild: ap

BERLIN taz Biomilch hat sie keine produziert. Stattdessen stellte die Upländer Ökobauernmolkerei letzte Woche zwei Tage lang Butter und Magermilchpulver her. Das eine ging an Tafeln für Bedürftige in Deutschland, das andere an Ärzte ohne Grenzen für Dafur. Diese Woche läuft die Produktion wieder normal - Bauern und Molkerei überlegen aber, sich erneut zwei Tage lang solidarisch mit den konventionellen Milchbauern zu erklären, die derzeit streiken. Ähnlich wie die Upländer Molkerei halten es auch andere Ökomolkereien und deren Lieferanten.

Eigentlich sehen die Biobauern für sich keinen Grund für einen Boykott: Im Durchschnitt erhalten sie je Liter Milch 50 Cent - 15 bis 25 Cent mehr als ihre konventionellen Kollegen. Denn Biomilch ist gefragt, so stark, dass Händler auch auf Ware aus Dänemark und Österreich zurückgreifen müssen. Und wo die Nachfrage hoch ist, das Angebot aber beschränkt, kann mehr Geld verlangt werden. Allerdings hat sich die Situation für die Biobauern erst seit wenigen Monaten gebessert. Noch vor einem Jahr erhielten sie rund 35 Cent je Liter. "Zu wenig, um kostendeckend zu wirtschaften", sagt Thomas Dosch, Vorsitzender des Ökoverbandes Bioland. "Und wir wissen, dass sich Biopreise auf Dauer nicht vom konventionellen Preis abkoppeln können."

Viele Verbraucher sind zwar bereit einen Bioaufschlag von bis zu 30 Cent zu zahlen - mehr aber auch nicht. Auch deshalb unterstützt der Verband den Lieferboykott. Und der geht weiter - wenn auch mit einer Ausnahme: Die Milchwerke Berchtesgadener Land-Chiemgau teilten mit, den Preis zum 1. Juni auf 43 Cent anzuheben. "Ein super Signal", kommentierte Franz Grosse. Der Sprecher des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) zeigte sich überdies erfreut über die Protestkundgebungen, die der Deutsche Bauernverband initiiert hatte. Die Interessensvertretung hatte noch vor wenigen Tagen kein Verständnis für den BDM-Milchboykott gehabt. Dem neuen Aufruf folgten am Mittwoch nun zahlreiche Landwirte. Sie demonstrierten mit Kälbern und Traktoren vor den Zentralen von Aldi, Rewe, Edeka und Norma. "Wir werden den Teufel tun, das nicht gutzuheißen", meinte Grosse. "Es ist aber nicht unsere Stoßrichtung."

Denn der BDM-Protest richtet sich gegen die Molkereien: Sie sollen, so der BDM, bei Vertragsverhandlungen mit dem Handel keine Preiskämpfe mitmachen. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Helmut Born, erklärte hingegen, dass der Protest der Bauern nun vor den Lebensmitteleinzelhandel getragen werde - denn da gehöre er hin. Das sieht Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf anders: "Warum zieht die Bauernverbands-Spitze vor die Handelsketten, statt den Molkereien Beine zu machen?", meint der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Konkurrenzorganisation des Bauernverbandes.

Das Bundeskartellamt hat indes ein Ermittlungsverfahren gegen den BDM eingeleitet. Es werde überprüft, ob der Tatbestand des Boykottaufrufs erfüllt sei, hieß es. Dies wäre ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz: Verbände dürfen nicht zu Liefersperren aufrufen, wenn sich so Nachteile für andere Unternehmen ergeben. CHRISTINE ZEINER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.