Pakistanische Oppositionelle paktieren mit Musharraf: Demonstrationen erreichen Islamabad

Pakistanische Anwälte demonstrieren für die Wiedereinsetzung der obersten Richter. Derweil werden die Machtpoker innerhalb der Opposition bizarr.

Pakistanische Anwälte und Anhänger der Opposition demonstrieren in der Stadt Rawalpindi. Bild: rtr

DELHI taz Es sind die größten Massenproteste, die Pakistan seit langem gesehen hat. Am Freitag trafen in Islamabad Autokorsos von Anwälten aus ganz Pakistan ein: Der "Lange Marsch", zu dem Juristen aus dem ganzen Land Anfang der Woche aufgebrochen waren, hat die pakistanische Hauptstadt erreicht.

Nahezu alle Anwaltskammern des Landes hatten zu dem Großprotest aufgerufen. Sie sind gekommen, um von der Regierung die Wiedereinsetzung der im November entlassenen höheren Richter des Landes zu erzwingen. Der größte Zug mit über 400 Autos und Bussen hatte sich am Donnerstag vom ostpakistanischen Lahore aus auf den Weg gemacht und wurde am Freitagabend erwartet. Pakistanische Fernsehsender zeigten Aufnahmen von tausenden von Menschen, die den Anwälten auf ihrem Protestzug zujubelten. Auch zahlreiche Anhänger von Oppositionsparteien hatten sich den Juristen angeschlossen.

In Islamabad erwartete die Anwälte ein massives Polizeiaufgebot. Mehr als 6.000 Sicherheitskräfte hatten das gesamte Regierungsviertel abgeriegelt. Die Zufahrtsstraßen zum Parlament waren mit Transportcontainern und Stacheldraht gesichert. Die Vorsicht ist berechtigt: In der Vergangenheit mündeten Proteste der Anwälte häufig in blutigen Straßenschlachten. Daher unterzeichneten die Anführer der Anwälte am Donnerstag mit Vertretern der Regierung eine Erklärung. Beide Seiten verpflichteten sich, eine Eskalation der Proteste zu verhindern.

Die Situation ist bizarr, spiegelt jedoch den Machtpoker in der pakistanischen Politik wider: Denn vor mehr als einem Jahr waren es die Anwälte, die mit ihren Protesten das Regime des Militärdiktators Pervez Musharraf in Wanken gebracht haben. Auch ihretwegen gewann die Pakistanische Volkspartei (PPP) der ermordeten Benazir Bhutto die Parlamentswahlen im Februar haushoch und bildete eine Regierung mit der Nawaz-Muslimliga (PML-N) des Expremiers Nawaz Sharif und einer kleineren Regionalpartei. Doch Bhuttos Witwer, Parteivize Asif Ali Zardari, ging einen von den USA eingefädelten Pakt mit dem umstrittenen Präsidenten Musharraf ein: Er beließ ihn im Amt und verzögert seit Wochen die Wiedereinsetzung der entlassenen, Musharraf-kritischen Richter. Aus gutem Grund: Musharraf hat den vielfach vorbestraften Zardari amnestiert und dafür gesorgt, dass sämtliche weiteren Vorwürfe gegen den Politiker fallen gelassen wurden. Nawaz Sharif zog deswegen vor vier Wochen seine Minister aus der Regierung zurück und begleitete nun den Protestzug aus Lahore.

Nun stehen sich auf beiden Seiten Anhänger derselben Partei gegenüber: Denn etliche Köpfe der Anwaltsbewegung sind selbst Mitglieder der PPP wie Aitzaz Ahsan. Der Anführer des "Langen Marsches" und Vorsitzende der Anwaltskammer des Obersten Gerichts war ein enger Vertrauter von Benazir Bhutto.

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