Wäscherei für Schutzkleidung in Cuxhafen: Atomares Wäscheendlager

Tonnenweise Schutzkleidung aus Atomkraftwerken will die Eon-Tochter Dekonta im Landkreis Cuxhaven reinigen. Die Proteste dagegen hält SPD-Bürgermeisterin für "Panikmache".

Ob die wieder sauber werden? Bild: dpa

Mehr als 400 Menschen haben am Wochenende im Landkreis Cuxhaven gegen die Ansiedlung einer Wäscherei für radioaktive Schutzkleidung demonstriert. Die Eon-Tochter Dekonta will in Sandstedt 15 Millionen Euro investieren: Ab 2009 sollen dort Arbeitskleidung und Ausrüstungsgegenstände aus Atomkraftwerken, kerntechnischen und medizinischen Labors gereinigt werden.

Die Samtgemeinde Hagen und ihre Bürgermeisterin Susanne Puvogel (SPD) finden das Projekt unbedenklich. Die Bürgerinitiative "gegen die e.on-Dekonta-Ansiedlung" (Geda) indes fürchtet eine Art atomares Zwischenlager, das die Umwelt radioaktiv verseucht. Sie kündigte an, einen Bürgerentscheid zu starten.

Eon betreibt keine 15 Kilometer entfernt von Sandstedt in Esenshamm an der Unterweser bereits ein Atomkraftwerk. In der Anti-Atom-Wäscherei sollen jede Woche 8 Tonnen verstrahlte Schutzkleidung gewaschen werden. Wie genau, das ist in der Öffentlichkeit derzeit unklar. Um welche Stoffe es geht, auch. Dekonta-Projektleiter Frank Schäfers meidet inzwischen den Kontakt zur Presse. Offiziellen Angaben zufolge sollen in der Anlage 0,002 Becquerel pro Kubikmeter Luft emittiert werden, dazu 2 Becquerel pro Liter Wasser. "Das liegt deutlich unter den Grenzwerten", sagt Puvogel mit Verweis auf Gutachter. "Davon geht keine Gefahr für die Bevölkerung aus." Dekonta verweist darauf, dass selbst in Milch und Säuglingsnahrung 370 Becquerel pro Liter zugelassen sind. Der Physiker Wolfgang Neumann von der Gruppe Ökologie aus Hannover hält diesen Vergleich für "nicht angebracht": Die Radioaktivität sei ernst zu nehmen. "Die Belastung der Luft und des Wassers ist auf den ersten Blick sehr gering", so Neumann. Das Problem sei aber die Menge an Wasser und Luft, die abgegeben werden solle. Auch eine radioaktive Anreicherung des Klärschlamms will er nicht ausschließen.

Die Befürchtungen der Geda werden durch ein ihr anonym zugespieltes Schreiben aus dem Hause Dekonta verstärkt. Darin heißt es, man wolle bis 2015 weiter "Akquisition" betrieben und "an einem zentralen Ort" die eigenen Geschäftstätigkeiten "bündeln", "Teile aus kerntechnischen Anlagen" lagern und die Betriebsflächen weiter "ausdehnen". Bis zu 15 Tonnen Wäsche pro Woche könnten demzufolge in den kommenden Jahren nach Sandstedt gelangen, dazu allerlei weiteres verstrahltes Material. Fünf radioaktive Transporte pro Woche sind fürs Erste geplant, später könnten es acht werden. "Niemand weiß, was Dekonta hier langfristig plant", sagt Geda-Sprecherin Femke Ohlmann.

Puvogel weiß es nach eigenen Worten auch nicht, sieht die Anlage aber als prinzipiell genehmigungsfähig. "Zu mehr würde ich nicht Ja sagen", betont sie, das sei rein technisch "gar nicht möglich" und bislang auch nie ernsthaft debattiert worden. "Da wird viel Panik verbreitet." Was sie, so sagt sie, "bewogen hat, dem Projekt positiv gegenüberzustehen", sind die erhofften Steuereinnahmen: Es geht um 40.000 bis 60.000 Euro jährlich pro Arbeitsplatz. 30 neue Jobs hat Dekonta zugesagt, später könnten es 50 werden.

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