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Nach der Spitzelaffäre um NestléAttac schützt sich gegen Spione

Nach der Spitzelaffäre um den Nestlé-Konzern befürchten deutsche Globalisierungskritiker, ausspioniert zu werden. Telefonkonferenzen sind besonders kritisch.

Wer ist hier der Spion? Bild: dpa

Nach Bekanntwerden der Spitzelaffäre um den Nestlé-Konzern in der Schweiz sorgen sich in Deutschland globalisierungskritische Gruppen, ob sie von Unternehmen ins Visier genommen werden. "Vieles ist auch in Deutschland möglich", sagt Jutta Sundermann vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac.

Sundermann meint: "Gegner oder auch die eigenen Mitarbeiter auszuspionieren und ihre Persönlichkeitsrechte massiv zu verletzen, gehört offenbar zum normalen Geschäftsgebaren vieler Konzerne." Aktivisten diskutierten nun, wie sie sich vor Spitzeleien schützen können - ohne die offenen Strukturen des Protests in Frage zu stellen.

Der Fall in der Schweiz: Eine Attac-Arbeitsgruppe in der Stadt Waadt schreibt ein Buch über Nestlé. Es geht um die Haltung des Konzerns zu genmanipulierten Pflanzen, der Privatisierung von Trinkwasserversorgung und Arbeitskämpfen. Das Buch wird 2005 veröffentlicht. Unter falschem Namen soll sich eine Agentin der Sicherheitsfirma Securitas erst in die Arbeitsgruppe und dann in die Gruppe der sieben BuchautorInnen geschlichen haben. So soll sie mindestens ein Jahr lang direkten Zugang zu allen Kontakten, die die AutorInnen unterhielten, zu ihren Recherchen und ihren Quellen in der Schweiz und im Ausland gehabt haben. Die Agentin habe auch regelmäßig die Privatwohnungen der AutorInnen besucht.

Der Konzern weist die Spitzelvorwürfe zurück. Nestlé sei verpflichtet, die Sicherheit von Mitarbeitern und Einrichtungen zu gewährleisten, so Unternehmenssprecher Robin Tickle zur taz. Nestlé habe "angemessene Maßnahmen" ergriffen, nachdem Demonstrationen gegen das am Genfer See ansässige Unternehmen angekündigt worden waren. Das war während des G-8-Gipfels in Evian im Jahr 2003. Dies sei in enger Zusammenarbeit mit der Sicherheitsfirma Securitas sowie der lokalen Polizei geschehen. Die Maßnahmen seien mit den Schweizer Gesetzen konform gegangen.

Für Greenpeace-Sprecher Michael Hopf ist die Nestlé-Attacke eine Ausnahmefall. "Das fällt den Unternehmen auf die Füße, wenn das rauskommt", so Hopf. Ein solches Vorgehen sei gesellschaftlich nicht akzeptiert und juristisch heikel. Er hegt keinen Verdacht, dass seine Organisation ins Visier von Unternehmen geraten ist.

Attac Deutschland macht sich hingegen Sorgen. Ein vollständiger Schutz vor Spitzeln sei nicht möglich, da viele neue Aktivisten willkommen seien, sagt Attac-Aktivistin Sundermann - "wir können nicht von jedem den Ausweis kontrollieren". Allerdings werde man verstärkt darauf achten, wenn sich Mitstreiter eigenartig verhielten. Indizien auf mögliche Überwachung habe es während der Attac-Lidl-Kampagne von 2004 bis 2006 gegeben. Bei zwei internen Telefonkonferenzen habe sich jeweils ein Mann eingeklinkt, der sich nicht habe ausweisen können.

Zu den Telefonkonferenzen sei über eine E-Mail-Liste eingeladen worden. Auf diese hätten sich Attac-Interessierte zuvor eintragen können. "Wir haben die Telefonkonferenzen daraufhin abgebrochen." Lidl-Sprecherin Petra Trabert weist einen Zusammenhang mit ihrem Unternehmen zurück. "Von diesen Telefonkonferenzen weiß ich nichts." Kritikern müsse man offen begegnen.

Stefan Diefenbach-Trommer, Sprecher des privatisierungskritischen Bündnisses "Bahn für alle", geht davon aus, dass sein Bündnis von der Bahn beobachtet wird. Auch er berichtet von "nicht identifizierbaren Zuhörern bei Telefonkonferenzen". "Das ist völlig absurd", sagt Deutsche-Bahn-Sprecher Hartmut Sommer. Das entspreche nicht der Arbeitsweise der Bahn.

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2 Kommentare

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  • MA
    mayer axel

    Spitzel, Spione und Co nicht nur bei Attac. Die Unterwanderung von Umweltverbänden, Sozialer Bewegung und NGO`s

    http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/spitzel-spione-attac-ngo.html

     

    Die jetzt bekannt gewordene Ausspähung von Attac durch Nestlé ist kein Einzelfall.

    Harte amerikanische Methoden halten Einzug bei den großen Umweltkonflikten, insbesondere wenn sie wirtschaftliche Interessen betreffen. Die Umweltbewegung muss sich auf Spionage, Greenwash, Akzeptanzforschung und industriegesteuerte Scheininitiativen einstellen. Und auch der gezielt geplante "fliegende Wechsel" einzelner Umweltaktivisten von den Umweltverbänden zur Industrie gehört zum Geschäft.

     

     

    Wird Wikipedia von der Atomindustrie unterwandert?

     

    Es gibt einige Indizien, die auf eine mögliche Unterwanderung der Atom & Holzschutzmittelseiten bei Wikipedia schließen lassen:

    Getarnt als unabhängige Bürgerinitiative, verbreitet die industriegesteuerte Schein-Bürgerinitiative „Bürger für Technik“ (BfT) Lobeshymnen über die Kernkraft, schreibt die Wochenzeitung "Die Zeit" am 17.4.2008. Die Tarnorganisation der Atomlobby bearbeitet natürlich auch Wikipedia:

    „Zum selben Zweck wird offenbar auch das freie Internetlexikon Wikipedia manipuliert. Mehrmals schon wurden die BfT-Mitglieder aufgefordert, missliebige Beiträge zu bearbeiten. "In der Anfangszeit war da viel ideologisch durchsetzt", sagt Lindner. (Zitatende)

     

    FOCUS-Online-Autor Torsten Kleinz berichtet am 15.08.07

    RWE: Biblis ist sicher! Einer der aktivsten Autoren im Wikipedia Artikel über das Kernkraftwerk in Biblis ist ein Nutzer mit der IP-Adresse 153.100.131.14. Er schrieb schon im vergangenen Jahr über Radionuklide, die Reaktion der Notstrom-Dieselgeneratoren und setzt im Brustton der Überzeugung den Satz hinzu: "Das Kraftwerk Biblis ist ein Meilenstein in puncto Sicherheit." Der anonyme Autor muss es wissen: Seine IP-Adresse gehört dem Biblis-Betreiber RWE. Zitatende

     

    Wie durch Medienberichte

    bekannt wurde, hatte die Firma Shell die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und die Umweltorganisation Greenpeace über die britische Wirtschaftsdetektei Hakluyt durch den deutschen Filmemacher Manfred Schlickenrieder ausspionieren lassen, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker.

     

    Ein "Umwelt - Aussteiger",

    Ex-Greenpeace-Aktivist Bjorn Lomborg wirft den Umweltorganisationen in seinem industriefreundlichen Buch "Apokalypse No" vor, sie schürten unbegründete Umwelt-Ängste. Der sehr medienwirksame Hinweis auf die ehemalige Greenpeace-Mitgliedschaft gehörte zum gezielten Marketing.

     

    Im Robin Wood Magazin

    1.03 wird über das "Wirken" der Public Relations Agentur Edelman berichtet, die u.a. Firmen in massiven Umweltkonflikten berät. Auch diese PR Agentur hat einen Spezialisten für die sogenannte NGO-Kommunikation. Jonathan Wootliff war Kommunikationsexperte bei Greenpeace International, bevor er die Seite wechselte und zu Edelmann kam. Er wurde auf Robin Wood angesetzt, um die Umweltorganisation mit dem Papierkonzern APRIL, der auf Sumatra den letzten Tieflandregenwald zerstört, an einen Tisch zu bringen.

     

    Am 13.11.2002 hat sich der Verdacht

    von norddeutschen AtomkraftgegnerInnen bestätigt: An einer Castor-Blockadeaktion bei Lüneburg, hatte ein Spitzel teilgenommen. Durch Recherchen wurde der ca. 35 Jahre alte Mann, der sich zuvor in die Bürgerinitiative eingeschlichen hatte, als BGS-Beamter enttarnt. Auch die Medien berichteten über den Fall.

     

    Das Unterwandern von Umweltgruppen,

    die sich mit der Wirtschaftslobby anlegen, ist in den USA noch ausgeprägter als in Deutschland. John Stauber and Sheldon Rampton berichten in Ihrem Buch "Lies, damn lies and the public relations industry": "Bud, jener Spion, der ins Jeremy Rifkin-Büro eingeschleust wurde, wurde auf einer Presse-Konferenz der ‚Beyond-Beef-Kampagne' ‚enttarnt', als ihn ein Journalist mit den Worten: ‚Arbeiten Sie immer noch für McDonald's?' begrüßte. Bud antwortete: ‚Ich weiß nicht, was Sie meinen. Sie müssen mich verwechseln.' Aber der Journalist bestand darauf. Bud war tatsächlich eingeschleußt worden. Sein wirklicher Name: Seymour D. Vestermark..."

     

    Die Fachautorin Claudia Peters

    berichtet von einem besonders heftigen Fall von Undercover-Agenten in England. "McDonald`s trieb diese Methode zur Kabarett-Reife. Anfang der 90er Jahre machte die Gruppe Greenpeace London (nicht zu verwechseln mit der großen Organisation Greenpeace) mit Flugblättern gegen den Fress-Konzern mobil. Zu den Treffen kamen nie mehr als 10 Leute. McDonald´s beauftragte Detektive, die Gruppe auszuspionieren. Nachweislich waren sechs Undercover-Agenten aktiv. Die sechs wussten nichts voneinander und haben sich fleißig gegenseitig bespitzelt. Zutage kam das bei einem Prozess, den Mc Donalds gegen zwei Mitglieder von Greenpeace London anstrengte. Die Firma blamierte sich dabei bis auf die Knochen".

     

    Am 25.4.2004 berichtete das Politikmagazin Monitor

    über das falsche Spiel der Stromlobby in Sachen Windkraft. Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen schießen überall im Bundesgebiet wie Pilze aus dem Boden. Viele dieser Bürgerinitiativen kämpfen nicht allein, sondern werden laut Monitor vertreten von einem Rechtsanwalt namens Thomas Mock. Er taucht überall auf wo Lobbyarbeit gegen Windkraft gefragt ist. Die Mitglieder der Initiativen sind froh, einen kompetenten und – ihrer Meinung nach – unabhängigen Experten an ihrer Seite zu haben und das zu einem, für einen Rechtsanwalt, unglaublich günstigen Honorar. Was die meisten Bürgerinitiativen, die von Thomas Mock unterstützt werden, aber wohl nicht wissen, ist, dass er laut Monitor die Interessen der Aluminiumindustrie vertritt. Sein Arbeitgeber ist Hydro Aluminium, der drittgrößte Aluminiumkonzern in Deutschland. Die Herstellung von Aluminium ist ein sehr energieintensiver Prozess. 40% der anfallenden Kosten sind Stromkosten. Kein Wunder also, dass dieser Industriezweig an niedrigen Strompreisen interessiert ist. Und hier kommt die Windkraft ins Spiel. Sie lässt die Strompreise zwar nur leicht ansteigen, bei einem großen Konzern wie Hydro Aluminium könnte das aber bis 10 Millionen Euro mehr in der Stromrechnung ausmachen.

     

    Und auch der BUND musste den "Verlust" eines Experten beklagen.

    Jens Katzek wechselte vom BUND zur "KWS Kleinwanzlebener Saatzucht AG". Beim BUND Bundesverband hatte sich der studierte Biochemiker Katzek als Kritiker der Gentechnologie einen Namen gemacht. Bei KWS, einem der größten deutschen Saatguthersteller, ist er für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Das Unternehmen will gentechnisch veränderte Nutzpflanzen vermarkten. Dann war Herr Katzek Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) in Frankfurt/Main. Eine berufliche Veränderung aus Überzeugung? So hätte es die Gen-Lobby gerne und so stellte die Industrie den Seitenwechsel gerne dar. Oder war Herr Katzek gezielt beim BUND eingesetzt und sein späterer Wechsel zur Industrie lange geplant? Oder ging es nur ums Geld? Fragen, die nur Herr Katzek beantworten kann.

     

    Noch mehr Spionage bei Umweltverbänden, Friedensbewegung und kritischen Journalisten und über die "Gefahren im Altpapier"

     

    Der kritische Journalist Erich Schmidt-Eenboom

    berichtet im November 2005 in der Tagesschau wie er bespitzelt wurde: "Ausgangspunkt war mein Buch 'Schnüffler ohne Nase', das im Juni 1993 erschien und sehr viele Informationen aus Geheimbereichen des Bundesnachrichtendienstes enthielt. Es wurden Kameras auf den Eingang des Instituts für Friedenspolitik ausgerichtet, um festzustellen, wer sich unter meinen Besuchern im Institut befindet. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, ging der stellvertretende Leiter des Observationskommandos zur Weilheimer Kriminalpolizei und gab sich als Mitarbeiter des Landeskriminalamts aus. Ein örtliches Textilhaus stellte dem vermeintlichen LKA-Mann daraufhin einen Raum zur Verfügung, in dem Überwachungstechnik untergebracht wurde. Dann wurde auf dem Parkplatz gegenüber des Instituts ein Auto abgestellt, in dessen Sonnenblende eine Kamera installiert war und die Aufnahmen in den zur Verfügung gestellten Raum sendete. Und so wurden ich und alle Besucher des Instituts über Monate observiert." (Zitatende)

     

    Die Fachautorin Claudia Peter berichtet über die 'Gefahr im Altpapier':

    "In Holland schlich sich ein Spion bei mindestens 30 Organisationen aus der Umwelt- und Dritte Welt-Bewegung ein und bot sich an, ihr Altpapier zu entsorgen. Angeblich wollte er den Erlös einer Hilfsorganisation in Afrika spenden. Das ging acht Jahre lang, bis er aufflog. Die betroffenen Gruppen wunderten sich sehr, dass ihre internen Informationen plötzlich an Industrieverbände und Zeitungen gelangten. Des Rätsels Lösung: Der Spion arbeitete für eine private Sicherheitsfirma, die General Security Consultancy in Amsterdam. Die Firma sammelte das Material und verkaufte es weiter." (Zitatende) Dies ist kein Einzelfall. Auch beim oben erwähnten Fall der Überwachung des Journalisten Erich Schmidt-Eenboom wurde das Altpapier vom BND ausgewertet. Bis zum Jahr 2003 ist regelmäßig das Altpapier von Schmidt-Eenboom, das alle vier Wochen zum Abtransport auf die Straße gestellt wurde, durchsucht worden, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Um keinen Verdacht zu erregen, haben die BND-Mitarbeiter dem Bericht zufolge die Abfalltüten des Publizisten gegen „ähnlich aussehende anderen Inhalts“ eingetauscht.

     

    Um es deutlich zu sagen:

    "Nicht jeder, der von einem Umweltverband oder einer Bürgerinitiative zur Industrie wechselt, darf unter Generalverdacht stehen." Und dennoch. Die vielen Beispiele, die vermutlich nur die Spitze des Eisberges sind, zeigen, was auf die Umweltverbände und Soziale Bewegung zukommt, wenn Umweltschutz und unsere Aktivitäten den Gewinninteressen der Konzerne zu wider laufen. Methoden dieser Art, die in den USA schon Gang und Gäbe sind, werden in Zukunft verstärkt auch bei uns eingesetzt. Wir müssen uns damit auseinandersetzen.

     

    Dies gilt insbesondere für die ökologisch-ökonomischen Konflikte,

    bei denen es auch um viel Geld geht. In Sachen neue AKW und Europäischer Druckwasserreaktor EPR geht es in der Schweiz um ein Geschäft von 12 Milliarden Euro und in Frankreich um ein Geschäft von weit über 200 Milliarden Euro. Jeder neue Reaktor wird ca 3 bis 4 Milliarden Euro kosten. In allen großen Konflikten müssen wir mit Spitzeln und Spionen rechnen, dürfen über diesem Wissen aber auch nicht in eine selbstlähmende Paranoia verfallen.

     

    Dieser Text ist eine ständig aktualisierte Zusammenfassung von BUND Geschäftsführer Axel Mayer

  • HO
    Horst Ostendorf

    Ha ha, diese Paranoia paßt / ist systemrational, zur gebildeten Suppenkaspermentalität, in GLEICHERMAßEN unverarbeiteter / MANIPULIERBARER Bewußtseinsschwäche von Angst, Gewalt und "individualbewußtem" Kommunikationsmüll.