NPD-Hochburg in Mecklenburger Provinz: Die netten Nazis von nebenan

In Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern wächst die Wirtschaft - und die NPD. Jetzt wehren sich Bürger der Kleinstadt.

NPD-Anhänger bei Demonstration in Frankfurt am Main. Bild: dpa

LÜBTHEEN taz Die Tür des NPD-Bürgerbüros ist offen. In der Räumlichkeit tauschen sich zwei Herren aus. "Wir kümmern uns!", verspricht ein Slogan im Fenster. Keine leere Zusicherung in Lübtheen. "Die Bürozeiten hält die genau ein. Manche lassen sich da beraten", so Ute Lindenau, SPD-Bürgermeisterin der mecklenburg-vorpommerischen Kleinstadt. Die Auseinandersetzung mit der NPD ist hier Alltag.

Gegenüber von dem NPD-Büro liegt das Bürgerhaus. Dort finden Veranstaltungen statt - auch gegen rechts. Am Donnerstag stellten dort Schülerinnen ihre Broschüre "Wir sind Lübtheen" vor. "Wir wollten von Schülern und Nachbarn wissen, was sie an der Stadt mögen", erklärt Alexandra. Und die 17-Jährige hebt hervor, "wir wollten auch erfahren, was sie zur NPD denken". Vorsichtshalber bleiben ihre Nachnamen unerwähnt.

Spätestens nach der Landtagswahl 2006 wurde die "Lindenstadt" bundesweit wegen ihrer "braunen Siedler" bekannt. In der Gemeinde mit knapp 5.000 Einwohnern, niedriger Arbeitslosigkeit und florierender Wirtschaft erreichte die NPD 16 Prozent. "Nationale Menschen sind in Lübtheen in der Mitte des Volkes", verkündet Stefan Köster, NPD-Landtagsabgeordneter, gern. Mit seinem Fraktionschef Udo Pastörs eröffnete er das Büro. Leben sie doch mit ihren Familien hier. "Sie haben Politik ins Gemeindeleben hineingetragen", erzählt Lindenau, und: "Wir haben das zu spät bemerkt." Die 15-jährige Nicole meint: "Die treten als nette Leute auf."

Als die Schüler ihre rechten Kameraden ansprachen, berichtet Jasmin, 15 Jahre, wollten die nicht reden: "Haut ab" hieß es. Bei ihren Recherchen erfuhren sie aber, so Alexandra, "dass viele sich gegen die NPD äußerten". Zuvor glaubte man, mit seiner Meinung alleine zu sein. "Man wusste nicht, was der andere denkt, und hielt sich zurück", betont Nicole. Jasmin meint jedoch: "Nö, viel mutiger ist man jetzt nicht." Sie weiß: "Nicht nur ich habe Angst vor denen."

Dieses Schweigen kennt Dieter Karczewski, Geschäftsführer des Sportvereins "Concordia". Der Verein unterstützte das einjährige Schulprojekt und sprach die Unterwanderungsbemühungen der NPD an. Erst danach konnte diesen im Verein entgegenwirkt werden. "Mit ihren Kindern kamen sie, wollten im Training helfen", berichtet er. Nun ist in der Satzung ein Passus gegen rechts. "Die Diskussion darum war das Wichtigste", so Karczewski. "Die Broschüre", sagt Alexandra, "ist nicht bloß fürs Image. Gegenaktionen nerven die NPD."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.