Proteste gegen US-Beef: Südkoreas Präsident entzaubert

Nachgeben gegenüber den USA ist in Südkorea sehr unbeliebt. Das bekommt auch der als Super-Macher angetretene Präsident Lee zu spüren. Er muss seinen Agrarminister opfern.

Mit Tränengas außer Gefecht gesetzte Demonstranten in Seoul Bild: DPA

Südkoreas Präsident Lee Myung Bak hat gestern nach nur viermonatiger Amtszeit die Minister für Landwirtschaft, Gesundheit und Bildung entlassen. Damit versucht der Präsident den Massenprotesten gegen US-Rindfleischimporte die Spitze und sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Denn die Proteste haben den als effizienten Macher angetretenen Präsidenten Lee entzaubert. Im letzten Monat hatte sich bereits sein gesamtes Kabinett zum Rücktritt bereit erklärt. Und Lee musste öffentlich einräumen, die Stimmung in der Bevölkerung missachtet zu haben.

In der Hauptstadt Seoul waren am Samstag erneut mehrere zehntausend Menschen gegen US-Rindfleischimporte und den konservativen Lee auf die Straße gegangen. "Lee Myung Bak weg!" skandierten sie. Medien zitierten Polizeiangaben von 35.000 bis 50.0000 Demonstranten und Aussagen der Veranstalter von bis zu einer halben Million Demonstranten auf Seouls Rathausplatz. Im Unterschied zum Wochenende zuvor, als 200 Personen verletzt wurden, blieben die Proteste friedlich. Christliche und buddhistische Geistliche hatten sich zwischen Polizei und Demonstranten gestellt. Auch in 40 anderen Städten Südkoreas gab es Demonstrationen.

Ausgelöst hatte die Proteste eine im April gemachte Zusage der neuen Regierung, das 2003 verhängte Importverbot für Rindfleisch aus den USA aufzuheben. Verbotsgrund waren Fälle der Rinderkrankheit BSE in den USA gewesen. Südkorea war der drittgrößte US-Exportmarkt für Rindfleisch. Die Regierung in Seoul hob das Importverbot zu Lees Besuch bei US-Präsident George W. Bush auf. Washington hatte gedroht, ein bilaterales Freihandelsabkommen nicht zu ratifizieren.

Lee hatte die Wahlen im Dezember nach zehnjähriger Herrschaft linksliberaler Präsidenten erdrutschartig gewonnen. Doch er übersah, dass Nachgeben gegenüber den USA sehr unbeliebt ist. Schon an den weitreichenden Rechten, die die 30.000 in Südkorea stationierten US-Soldaten genießen und sie vor Strafverfolgung schützen, hatten sich früher immer wieder Massenproteste entzündet.

Weil Lee in den Augen seiner auch durch Falschberichte emotionalisierten Kritiker die Gesundheit der Südkoreaner riskierte, ermöglichte er Linken und Liberalen nach ihren Niederlagen bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember und Parlamentswahlen im April erstmals wieder, größere Massen zu mobilisieren. Lee, der früher als Manager der Bausparte des Hyundai-Konzerns "Bulldozer" genannt wurde, verkannte die Gefahr.

Der Präsident musste schließlich nachgeben und zunächst einige enge Mitarbeiter entlassen. Dann wurde er durch die Proteste gezwungen, das Fleischimportabkommen mit den USA nachzuverhandeln. Jetzt darf nur noch Fleisch von maximal 30 Monate alten Rindern eingeführt werden. Das soll das BSE-Risiko minimieren. Und US-Präsident Bush sagte einen für diese Woche geplanten Südkorea-Besuch ab.

Bisher konnte Lee die Proteste nicht beenden. Am letzten Mittwoch waren vielmehr auch zehntausende Automobilarbeiter des Gewerkschaftsverbandes KCTU in einen Warnstreik getreten. Davor hatten sich protestantische, katholische und buddhistische Geistliche den Protesten angeschlossen. Das US-Beef, das nur halb so viel wie koreanisches Rindfleisch kostet, darf seit Ende Juni eingeführt werden. Die erste Lieferung war schnell verkauft. Doch wegen der Proteste weist selbst die amerikanische Imbisskette McDonalds in Südkorea darauf hin, dass sie dort nur einheimisches und australisches Rindfleisch verwendet. In Umfragen fiel die Zustimmung für Präsident Lee von 70 auf 20 Prozent.

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