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Kommentar KurdenkonfliktFalscher Schulterschluss mit Ankara

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Statt kurdische Vereine, Webseiten und den Fernsehsender Roj TV schließen zu lassen, sollte sich Innenminister Schäuble mehr um Vermittlung bemühen.

D ie Bundesregierung kann sich nicht erpressen lassen, da hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier recht. Deshalb wird sie auch nicht auf die Forderung der Entführer eingehen, auf ihre "feindliche Politik gegenüber der PKK und dem kurdischen Volk" zu verzichten, wie es aus Kreisen der Guerilla hallte. Der PKK wird daher nichts anderes übrig bleiben, als die drei Bergsteiger bald wieder freizulassen - bedingungslos.

taz

Daniel Bax ist Meinungsredakteur der taz

Vieles spricht dafür, dass sie das tun wird. Denn die PKK ist nicht al-Qaida und auch nicht die kolumbianische Farc. Sie hat im vergangenen Jahr sogar acht türkische Soldaten freigelassen, die ihr vor der Nordirak-Offensive der türkischen Armee in die Hände gefallen waren. Die aktuelle Entführung ist kaum mehr als eine Verzweiflungstat, um ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Denn die PKK steht unter Druck. Immer mehr Kurden haben genug von Krieg und Gewalt. Für die USA und die EU ist sie schlicht eine Terrororganisation. Und die Kurdenführer im Nordirak wollen mit Ankara verhandeln, da steht die PKK nur im Wege.

Die Aussichten wären deshalb eigentlich günstig, die PKK zur Niederlegung ihrer Waffen zu bewegen. Doch maßgebliche Stellen in der Türkei glauben noch immer, das Problem lasse sich rein militärisch lösen. Hinzu kommt, dass in Ankara derzeit ein Verbotsverfahren nicht nur gegen die regierende AKP, sondern auch gegen die legale Kurdenpartei DTP läuft - also genau gegen jene beiden Parteien, von denen sich die Mehrheit der Kurden eine friedliche Lösung des Konflikts erhofft.

Statt den Schulterschluss mit Ankara zu suchen, wie es Innenminister Schäuble macht, wenn er kurdische Vereine, Webseiten und zuletzt den Fernsehsender "Roj TV" schließen lässt, sollte die Bundesregierung stärker auf Vermittlung setzen. Sie sollte klarmachen, dass ein Verbot der Kurdenpartei DTP europäischen Prinzipien widerspricht. Und sie sollte darauf drängen, dass in der Türkei etwa Fernsehen in kurdischer Sprache frei zugelassen wird. Denn "Kurdistan sucht den Superstar" als Musikcasting-Show - das würde der Propaganda der PKK jeden Glamour nehmen.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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3 Kommentare

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  • A
    ARE

    Auf welcher Grundlage durfte Herr Schäuble die Sendelizenz entziehen?

  • A
    Aram

    Dieses Kommentar habe ich mit viel Freude gelesen. Endlich mal ein Journalist der mir wenig Worten das gesamte Problem beschreibt und Hintergrundwissen beweist.

     

    Danke Herr Bax und weiter so.

  • R
    rezo

    Wir Kurden haben die Türkei satt aber nicht die Pkk. Man sollte nicht so subjektiv als Journalis sein. Deutschland sollte statt mit der Türkei zu agieren lieber sich für die Kurden einsetzten wenn sie sich schon in so ein Konflik einmischt.

    Und das die Pkk in enge usw. ist, hört man auch seit 30 JAHREN ABER DAS ES NICHT STIMMT SEHEN WIR ALLE.