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Energieversorgung in DeutschlandWind wächst stärker als Atom

Wie ist das wirklich mit der Renaissance der Atomkraft? Die Windkraft verzeichnet rasante Zuwächse, die Atomkraft ist bislang eher rückläufig.

Prächtige Perspektiven für die Windenergie Bild: dpa

FREIBURG taz In Deutschland haben die installierten Windräder inzwischen eine höhere Nennleistung als die Atomkraftwerke: Ende Juni waren hierzulande Rotoren mit zusammen gut 23.000 Megawatt am Netz. Das teilten am Mittwoch der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit. Die 17 deutschen Atommeiler kommen zusammen auf knapp 21.500 Megawatt.

Allerdings muss man berücksichtigen, dass die Windräder längst nicht so kontinuierlich Strom liefern, wie das ein Atomkraftwerk nun einmal in der Regel tut. Schließlich weht der Wind nicht immer. Deshalb decken die bundesweit knapp 19.900 Windräder in einem mittleren Windjahr etwa 7 Prozent des hiesigen Strombedarfs. Aus den Atomkraftwerken kommt dagegen mit rund 26 Prozent ein fast viermal so hoher Anteil.

Allein im ersten Halbjahr 2008 wurden in Deutschland 415 Windkraftanlagen mit 800 Megawatt errichtet. Der Anteil wird steigen, nachdem in diesem Sommer die ersten Offshore-Anlagen in der Nordsee errichtet werden. Die meiste Windkraft hat derzeit Niedersachsen mit 5.800 Megawatt, gefolgt von Brandenburg mit 3.500 Megawatt. Den höchsten Anteil seines Strombedarfs deckt unterdessen Sachsen-Anhalt mit Wind: beachtliche 42 Prozent.

Deutschland steht mit seiner Windleistung weiterhin an der Spitze weltweit. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die USA und Spanien, die Ende 2007 Windkraftanlagen mit 16.800 Megawatt und 15.150 Megawatt installiert hatten. Der Wind-Weltmeister erzielt auch im Export große Erfolge: Am weltweiten Umsatz der Branche von 22,1 Milliarden Euro hatten deutsche Hersteller und Zulieferer im vorigen Jahr einen Anteil von fast 28 Prozent. Die Exportquote der deutschen Firmen stieg von 74 Prozent 2006 auf über 83 Prozent 2007.

Auch für das laufende Jahr sind die Perspektiven der Branche prächtig: "Für 2008 werden allein in den USA 8.000 und in China 5.000 Megawatt an neu installierter Leistung erwartet", sagt Thorsten Herdan, Geschäftsführer beim VDMA. Nach Zahlen des BWE arbeiten derzeit gut 90.000 Menschen in der deutschen Windkraft-Branche.

Trotz einer vermeintlichen Atom-Renaissance hat die Windkraft die Atomkraft international längst deklassiert, wenn man den Zubau betrachtet. Seit Anfang 2006 wurden weltweit rund 45.000 Megawatt Windkraft neu installiert, wie aus Zahlen der European Wind Energy Association (EWEA) hervorgeht.

Zugleich lag die Leistung der neu in Betrieb genommenen Atomkraftwerke laut internationaler Atomenergiebebehörde IAEA bei lediglich 3.347 Megawatt. Rechnet man gegen, dass seither acht Atomreaktoren mit zusammen 2.236 Megawatt abgeschaltet wurden, so stieg die AKW-Leistung weltweit binnen zweieinhalb Jahren nur um 1.100 Megawatt. Im Vergleich dazu wurde 40-mal so viel Windkraft installiert.

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5 Kommentare

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  • J
    jan

    Ja der Markt für erneuerbare Energien wird immer größer siehe z.B. http://www.gebraucht-kraftwerk.de

    Ich finde gut das wir langsam von der Atomkraft loskommen.

    Und selbst die Politik dreht sich in dem neuen Wind der da weht, immer weniger wird gegen die neue Konkurrenz gesagt.

  • BW
    Bark Wind

    Zu meinem letzten Absatz wäre vielleicht noch zu ergänzen, dass 1. die Module natürlich selbst nicht einfach senkrecht gedacht sind, sondern eher so ähnliche wie Lamellen-Jalousien, so dass die einzelne kleineren Flächen jeweils schräg sind, - und natürlich in einem gewissen Abstand wg. der Schattenbildung. Und 2. sind evtl. die Flächen auszusparen, die von den Rotorschatten gestreift werden, und nur die weiter unten am Mast zu nutzen (je nach Kosten-Nutzen-Abwägung). 3. ist das natürlich nicht als Ersatz für die Nutzung von Gebäudeflächen gedacht, aber da WKA schon im Besitz von Energieunternehmen sind, aber die meisten Gebäude nicht, könnte es die Nutzung von EE schneller voranbringen.

  • BW
    Bark Wind

    Das im Artikel erwähnte Problem, dass der Wind nur sehr unregelmäßig weht und dadurch Windkraft trotz höherer Gesamtenergie immer noch weit unter dem Atomstromanteil liegt (in Deutschland), könnte dadurch entschärft werden, dass in die Sockel und Masten Luft- oder Wasserspeicher eingebaut werden. Um Energieverlust zu vermeiden, könnte die Windenergie bei starkem Wind direkt für die Speicher verwendet werden, so dass insgesamt die Einspeisung gleichmäßiger möglich wäre. Bei Offshoreanlagen wäre z.B. der Sockel als eine Art Unterwasser-Wasserturm nutzbar, der bei viel Wind leergepumpt wird und der bei Flaute wieder voll laufen könnte, womit dann Turbinen angetrieben werden könnten, die Strom erzeugen.

     

    Davon abgesehen könnten die Masten auf der Südseite mit Photovoltaik-Modulen bestückt werden

    (an die Dicke und Rundung der Masten angepasst)

  • G
    Georg

    Guter Beweis, dass Atomkraft nicht nur gelb, giftig, gefährlich, sondern auch unwirtschaftlich, dino-technologisch und ohne Zukunft ist!

    Wie Jugendliche aus der Nähe von Hamburg dazu denken, haben Sie in ihrem Clip bewiesen, den sie neulich im Rahmen eines VideoWorkshops des Sommerferienprogramms ihrer Samtgemeinde erstellt haben!

     

    http://de.youtube.com/watch?v=HlTwrlTiZKs

  • V
    vic

    Na also, es geht doch. Tatsachen versus kneifende Politiker, und die Clements der Branche bekommen ordentlich Gegenwind.