Bolzplätze: Körting lässt Kiezkicker jubeln
Der Sportsenator kritisiert Anwohner, die sich vom Lärm spielender Jugendlicher gestört fühlen. Die Bezirke sollten sich Beschwerden nicht einfach beugen. Für Senioren will er Schwimmbäder erhalten.
Kinder und Jugendliche wollen toben, Erwachsene suchen Ruhe: Wo beides aufeinanderprallt, bleiben Konflikte nicht aus. In der Diskussion um die Anwohnerklagen gegen Bolzplätze in der Stadt hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) nun deutlich Stellung bezogen. In der taz verlangt er von den Bezirken, Beschwerden wegen Lärmbelästigung kritisch zu prüfen. Leider habe er als Sportsenator keinen unmittelbaren Einfluss, sagt Körting. Er fordert die Bezirke aber auf, "den forschen Forderungen von Anwohnern nicht ohne weiteres zu entsprechen".
Körting äußert Unverständnis über Berliner, die sich mit Fluglärm klaglos abfinden, aber Kinder als störend empfinden. "Ich verstehe auch die Rechtsprechung nicht, die den Anwohnern Recht gibt", sagt er und plädiert für mehr Toleranz im Kiez.
Die will auch Franz Schulz (Grüne) schaffen. In den Beritt des Bezirksbürgermeisters von Friedrichshain-Kreuzberg fallen 163 öffentliche Kinderspielplätze. Kommt es zu Konflikten, setzt Schulz auf so genannte Clearing-Gespräche, Runde Tische mit den Betroffenen. "Damit sind wir erfolgreich", sagt der Bürgermeister. Plätze könnten baulich verändert werden. Oder ein Schließdienst sorge dafür, dass die Ruhezeiten eingehalten werden - wie im Chamissokiez, der im vergangenen Herbst Schlagzeilen machte. Der dortige Bolzplatz wurde nach Beschwerden von Anwohnern wegen des Geschreis geschlossen. Anfang der Jahres öffnete er wieder, nach Monaten emotionaler Diskussionen. Allerdings dürften Kinder und Jugendliche nun nur noch zu bestimmten Zeiten bolzen, erklärt die Bürgerinitiative Mieterrat Chamissoplatz, die sich für die Belange der Jugendlichen starkgemacht hat.
Im Moment sind nach den Worten von Schulz keine Spielplätze im Bezirk geschlossen - es könne also nicht die Rede davon sein, dass die Verwaltung unreflektiert den Beschwerden von Anwohnern folge.
Mit den Clearing-Gesprächen kann die Verwaltung in vielen Fällen dem Gang vors Gericht vorbeugen. Was passiert, wenn eine solche Schlichtung nicht gelingt, zeigt das jüngste Beispiel aus dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg. In Friedenau, einem ruhigen und wohlhabenden Viertel, wurde einer Kita gekündigt. Ein Nachbar hatte wegen des Lärms geklagt und in erster Instanz Recht bekommen.
Klar definiert ist der Umgang mit Kinderlärm nicht. Das Umweltbundesamt schreibt auf seinen Internetseiten, Geräusche von Kinderspielplätzen fielen nicht unter den Begriff Freizeitlärm und seien "in der Regel zu tolerieren". Das Umweltamt von Friedrichshain-Kreuzberg erklärt, wie Krach von Freizeitbädern, Minigolfanlagen und eben auch Spiel- und Sportplätzen zu beurteilen ist, sei im Einzelfall zu prüfen. Denn klar ist auch: Wenn Kinder nicht auf dem Bolzplatz toben dürfen, werden sie auf andere Orte ausweichen. Im Chamissokiez etwa lungerten die Jugendlichen nach Schließung "ihres" Platzes davor herum.
Innensenator Körting, selbst Vater von fünf Töchtern, hat beim Thema Sport und Freizeit übrigens nicht nur den Nachwuchs im Blick. Bei älteren Bewohnern setzt er auf Schwimmbäder als Begegnungsorte und fordert, die bestehenden Einrichtungen zu erhalten. "Die gehören mehr zur staatlichen Daseinsvorsorge als zum Beispiel ein Strandplatz in der Stadt."
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