Kommentar Kaukasus: EU ist machtlos
Die EU will und soll zwischen Russland und Georgien vermitteln. Doch wo es weitab von Europa um handfeste geostrategische Interessen geht, ist ihr Einfluss gering.
O ffiziell ist das Verhandlungsziel wie immer, die Kämpfe zu beenden und die Vertreter der Konfliktparteien ihre gegenseitigen Ziele abwägen zu lassen. Für einen solchen Kompromiss jedoch sind die jeweiligen Interessen zu klar strukturiert. Es geht im Konflikt zwischen den USA und Russland um die regionale Hegemonie. Als Vermittlerin wird die Nato in dieser Auseinandersetzung fraglos mehr politisches Gewicht haben als die EU.
Die georgische Regierung hatte eine handstreichartige Lösung des Kon-flikts um Südossetien und die Sperrung des Roki-Tunnels angestrebt, der Nabelschnur zwischen Südossetien und Russland. Wäre das gelungen, hätte der georgische Präsident Saakaschwili die russischen Eingriffsmöglichkeiten blockieren können; zwischen Russland und Südossetien hätte ein schwer überwindbares Hochgebirge gelegen.
Saakaschwilis Trumpf war die Unterstützung durch die Regierung Bush. Er hatte das drittstärkste militärische Kontingent in den Irak entsandt, die Amerikaner hatten die georgische Armee umgerüstet und neu ausgebildet. Nach vielen markigen Solidaritätserklärungen von Cheney und Bush rechnete Saakaschwili naiverweise mit der direkten Unterstützung durch die USA.
Die russische Führung ihrerseits hatte auf den jetzigen Coup offenbar nur gewartet. Aus ihrer Sicht gilt es, die amerikanische Umzingelung zu stoppen. Sollte sie klüger sein als die gegenwärtige amerikanische Führung, wird sie nicht versuchen, Georgien dauerhaft zu besetzen und einen "Regimewechsel" herbeizuführen. Die Russen sind heute in Georgien nicht beliebter als die Amerikaner im Irak.
Vermutlich werden die russischen Truppen bis zu der durch Georgien führenden Pipeline zwischen Aserbaidschan und dem Schwarzen Meer vordringen. Verhandlungen mit einer georgischen Regierung könnte sie dann aus einer Position der Stärke führen. Ihre Bedingung für die Freigabe der Pipeline werden Vereinbarungen sein, die die Integration Georgiens in den Westen blockieren
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