Wahlkampf in Arizona: McCain ungeliebt, doch unterstützt

Obwohl viele Republikaner in Arizona McCains Integrationspolitik ablehnen, engagieren sie sich für ihn - geeint durch Obama-Abscheu. Und die lokalen Demokraten fühlen sich alleingelassen.

Vor allem kein Obama: John McCain. Bild: dpa

TUSCON/PHOENIX taz "Barack Obama ist die furchterregendste Person, die ich je gesehen habe," erklärt ein alter, hagerer Mann in kurzen Hosen, der bisher schweigend und vorne übergebeugt auf einem Plastikstuhl saß. Beifälliges Gelächter. "Ich würde beinahe sagen, er kann nicht als Mensch bezeichnet werden." Das Gelächter erstirbt. "Das geht vielleicht doch ein bisschen weit," sagt eine Frau halblaut.

Etwa 40 Anhänger des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain haben sich in einem schmucklosen Büro der Stadt Tucson im Süden Arizonas versammelt. Bei einem Schokoladen-oder Erdbeereis, spendiert aus dem Wahlkampftopf, wollen sie darüber beraten, wie der Senator aus ihrem Heimatstaat am besten ins Oval Office des Weißen Hauses gebracht werden kann. Und vor allem, wie ein Sieg seines Rivalen Barack Obama verhindert werden kann. Das zumindest ist ein Ziel, das sie alle gemeinsam verfolgen. Aber was verbindet sie sonst? Schwer zu sagen.

Von Inhalten ist hier nämlich kaum die Rede heute nachmittag, und eigentlich wird auch wenig über McCain gesprochen. Obama ist das große Thema. Eine Frau, die in Kuba geboren ist, erinnert er an Fidel Castro. Eine andere, die aus der DDR stammt, vergleicht ihn mit den ostdeutschen Kommunisten. McCain? Na ja. Joyce Martin, die schon seit 1960 auf lokaler Ebene für die Republikaner kämpft, faßt zusammen, was offenbar viele hier denken: "McCain war nicht meine erste Wahl, nicht mal meine dritte. Aber er ist eben jetzt meine erste Wahl." Beifälliges Nicken in der Runde.

Die republikanische Partei in Arizona ist tief gespalten. Zitieren lassen möchten sich Republikaner mit Äußerungen zum Thema nicht so gern. Aber auf Nachfrage bestätigen Gesprächspartner bedrückt, was die konkurrierenden Demokraten einige Straßenzüge weiter begeistert erzählen: dass der Parteivorsitzende und John McCain lange nicht einmal bereit waren, miteinander zu reden. Wer wissen möchte, wie frostig das Klima ist, muss nur im Hauptquartier der Republikaner in Phoenix nach dem Weg zum Wahlkampfbüro des Senators fragen. Die spontane Antwort: eisiges Schweigen.

Die Wurzeln des Konflikts sind ideologischer Natur. Vielen Evangelikalen und den sogenannten Sozial-Konservativen ist der Präsidentschaftskandidat zu liberal. Sie mißtrauen ihm vor allem wegen seiner Bemühungen um eine bessere Integration von Immigranten - ein großes Thema in Arizona, wo die hispanische Bevölkerung seit fünf Jahren mehr Kinder bekommt als die euro-amerikanischen Einwohner und wo die Latinos im Jahr 2035 die Mehrheit stellen werden, wenn der Trend anhält. Der Mittelstand aber unterstützt McCain in dieser Frage. Die Wirtschaft ist längst auf die Arbeitskräfte aus Mexiko angewiesen.

Nicht einmal bei den Veteranen scheint der ehemalige Marineflieger eine sichere Basis zu haben. "Ich war überrascht, wie viele Veteranen unzufrieden sind mit dem Senator", sagt Skip Lind, selbst ein Veteran, der in Phoenix unentgeltlich an einer Telefonkampagne für McCain mitarbeitet. "Sie verübeln ihm vor allem seine Haltung zu den Immigranten."

Herrscht angesichts des Familienkrachs bei den Republikanern nun eitel Freude bei den Demokraten? Weit gefehlt. "Es ist frustrierend, hier zu arbeiten," sagt Rechtsanwalt Paul Eckerstrom, ein demokratischer Aktivist in Tucson: "Das Team von Obama glaubt nicht, dass wir es reissen können - aber ganz ehrlich: Mit ein bisschen Hilfe könnten wir es schaffen. Es gäbe eine Chance."

Zumindest gäbe es wohl eine realistische Chance auf Stimmenzuwächse. 28 Prozent der registrierten Wähler in Arizona sind jüngsten Umfragen zufolge noch unentschlossen. Eine ungewöhnlich hohe Zahl. Zum selben Zeitpunkt in früheren Wahlkämpfen waren es stets lediglich rund 15 Prozent gewesen. Hinzu kommt, dass die Zahl der unabhängigen Wähler seit 2004 um 12 Prozent gestiegen ist - eine Entwicklung, die den Demokraten zu vier der acht Kongreßmandate verholfen hat.

Aber im Wahlkampf in den USA geht es eben nicht um jeden einzelnen Wähler und jede einzelne Wählerin, sondern um den Staat als Ganzes. Der Sieger eines Bundesstaates bekommt alle Stimmen der Wahlmänner aus diesem Staat bei der formalen Präsidentschaftswahl. Von besonderer Bedeutung für die Kandidaten sind also nur die Staaten, in denen der Ausgang ungewiß ist. In Arizona hat McCain einen komfortablen Vorsprung von zehn Prozent vor Obama. Was dazu führt, dass beide Bewerber weder Kraft noch Geld hier investieren möchten. Nur wenige Auftritte sind geplant. Wahlplakate sind hier nirgendwo am Straßenrand zu sehen, und lokale Fernsehwerbung wird auch nicht geschaltet.

Wie kann man Leute unter diesen Umständen überhaupt für einen Graswurzelwahlkampf motivieren? "Eine hohe Wahlbeteiligung ist gut fürs Prestige", erklärt Ray Carroll, einer der führenden Republikaner in Arizona. Das ist als Antwort ein bißchen dürftig.

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