piwik no script img

Kolumne press-schlagFreu dich doch einfach!

Lukas Podolski trifft und zeigt wieder mal ganz viel Gefühl, indem er wieder mal nicht jubelt.

Er kann es doch. Dann soll er doch auch jubeln! Immer dieses Herzblut! Lukas Podolski scheint ganz besonders viel davon zu haben. Fast eine ganze Halbzeit durfte er spielen, ein Tor durfte er schießen. Nur den Jubel über den Treffer, den hat er sich selbst verboten. "Aus Respekt vor dem FC", sagte er hinterher, "das ist schließlich so, als würde ich gegen Polen ein Tor schießen. Ich bin beim FC groß geworden, habe hier seit der D-Jugend gespielt." Richtig, gegen Polen hatte er vor kurzem sogar zweimal in einem Spiel nicht gejubelt, nachdem er ein Tor geschossen hatte. Er wollte die Gefühle der polnischen Fans nicht verletzen, weil er selber ein Herzpole ist. So viel Herz!

Wie hat der kleine Podolski das eigentlich gemacht, seinerzeit, als er noch auf dem Bolzplatz unterwegs war? Konnte er damals überhaupt jubeln, wenn er ein Tor geschossen hatte? Ich wollte die Gefühle der anderen nicht verletzen, mit denen habe ich, seit ich drei war, immer wieder in in einer Mannschaft gespielt.

taz

Andreas Rüttenauer ist Redakteur bei taz-Leibesübungen.

Herz-Schmerz-Prinz Poldi beherrscht den gezielten Druck auf die Gefühlsdrüse. Er ist der Rührstückanrührer des deutschen Fußballs. Ist er ein Naturtalent oder sagt ihm einer, wie man mit Massenemotionen spielt?

Nach dem 3:0-Erfolg der Bayern in Köln - seiner Bayern kann man ja schlecht sagen - ist er mit einem kleinen Mädchen, seiner Nichte, auf dem Arm über den Platz gelaufen. Es menschelte gewaltig am Samstag in Köln. Was für ein Bild! Der Große mit dem kleinen Kind. Seht her, ich bin kein Scheißmillionär, kein Söldner, ich bin ein lieber Kerl, bitte liebt mich dafür! Die Masse folgt dem Verführer. Und Tränen werden in der Kurve fließen, wenn er dereinst erzählt, er konnte sich über den Siegtreffer gegen den FC Chelsea im Finale der Champions League nicht freuen, weil seine Nicht glühende Anhängerin des Londoner Klubs ist.

Wie viel Polen, wie viel Köln, wie viel Mensch steckt in Podolski? Warum weigert er sich nicht, für Miroslav Klose, den er als Mitpolen angeblich so sehr schätzt, eingewechselt zu werden? Wieso finanziert er einen Wechsel zu seinem angeblichen Herz-Klub zum vergleichsweise armen FC Köln nicht selbst?

Lukas Podolski giert nach der Liebe der Massen. Er beherrscht das Spiel mit den Kurven wie kaum ein Zweiter hierzulande. Jürgen Klinsmann, Podolskis Trainer bei den Bayern, hat seinen Vorzeigereservisten vor dem Spiel in Köln als Auszubildenden bezeichnet. Für Klinsmann ist Podolski noch kein Vollprofi. Vielleicht will er, dass Podolski einfach sein Bestes für den FC Bayern gibt, ohne dabei daran zu denken, wie ein polnischer Fan, ein eingefleischter FC-Anhänger, das deutsche Fußballvolk über ihn denkt. Vielleicht will er, dass Podolski Fußball spielt, ohne mit den Gefühlen der Fans zu spielen. Er kann es doch.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • K
    Kula

    Ja ich schliesse mich meinen vorschreibern an.

     

    das war ein schuss in den ofen herr rüttenauer

  • MN
    Matthias Nitsch

    Denk doch einfach nach, Rüttenhauer!

    Sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass Lukas Podolski deshalb so wirkt, weil er einfach authentisch ist? Mag sein, dass Ihnen der Blick für die Authentizität - eine, heutzutage im Sport selten, in der Politik nie und sogar im schreibenden Gewerbe immer weniger gelebte Eigenschaft - hierzu fehlt und Sie deshalb einfach nicht erkennen können, warum Podolskis Wirkmächtigkeit eben nicht Produkt einer perfekten Imageberatung ist, sondern weil er einfach so ist, wie er ist, menschlich und darum auch brüchig, ehrlich und darum liebenswert. Podolski ist inspiriert und inspieriert uns, ist Instinktfussballer, jemand der das tut, was er am besten kann und das mit viel Spass und Hingabe und zudem sehr erfolgreich. Warum schreiben Sie, Herr Rüttenauer, nicht einfach, Sie finden Podolski doof und wollten einfach nicht mitmachen bei dieser Podolskieuphorie?

    Damit hätten wir vielleicht mehr anfangen können, wenn Sie uns denn etwas über sich mitgeteilt hätten, so aber bleibt zu konsttieren: Solche Kommentare finde ich absoluten Müll!

    Matthias Nitsch

  • O
    Ottissimo

    Herr Rüttenauer, Ihr Kommentar hat nichts anderes verdient, als die `ROTE KARTE´.

     

    Ab dafür unter die Dusche!

     

    O.

  • GM
    G. Mehrle

    Entschuldigung, aber das ist ein reichlich uninspirierter Kommentar. Was, wenn es Poldi einfach ehrlich meint? Außerdem spielt er, so lange der Ball läuft, einfach Fußball. Immerhin macht er die Bälle rein, auch wenn es gegen Polen oder den FC geht.

    Das war nix, Her Rüttenauer!