Meinungsfreiheit in Bulgarien bedroht: Anschlag auf Journalist
Letzte Woche wurde in Bulgarien ein Mordanschlag auf einen kritischen Onlinejournalisten verübt. Er zeigt, wie dünnhäutig die bulgarische Demokratie ist.
In Bulgarien ist dieser Tage wieder eine Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit entbrannt. So warnte der Kommentator der Tageszeitung Nowinar in Anspielung auf die diesbezüglich wenig erfreuliche Situation in Russland vor einer "Putinisierung" und merkte an, dass nicht nur die Freiheit des Wortes, sondern die Einhaltung demokratischer Prinzipien generell auf dem Spiel stehe.
Jüngster Anlass für diese Befürchtungen: ein Mordanschlag auf Ognjan Stefanow, Chefredakteur der bulgarischen Website Frog News, am Montagabend vergangener Woche in Sofia. Beim Verlassen eines Restaurants in der Innenstadt war der 54-Jährige von vier maskierten Männern mit Eisenstangen und Hämmern angegriffen und schwer verletzt worden. Mittlerweile ist der Journalist außer Lebensgefahr, sein Zustand ist aber weiter kritisch.
Beobachtern zufolge könnte der Überfall durch Mutmaßungen motiviert worden sein, dass Stefanow außer seiner Tätigkeit für Frog News auch für die seit Juli 2008 existierende Internetseite Opasnite Nowini (gefährliche Nachrichten) verantwortlich zeichnet. Die boulevardesken Beiträge enthielten sowohl pikante Details aus dem Privatleben hochrangiger bulgarischer Politiker als auch kompromittierende Informationen aus dem Innenleben geheimdienstlicher Strukturen. Dabei waren die Veröffentlichungen weder namentlich gezeichnet noch Quellen angegeben.
Die Enthüllungen riefen die Staatliche Agentur für nationale Sicherheit (DANS) auf den Plan - eine eigenständige, erst vor kurzem geschaffene Behörde zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Da einige der veröffentlichten Informationen in die Kategorie "streng geheim" gehörten, sei die nationale Sicherheit gefährdet, befand die DANS und leitete Ermittlungen ein. Stefanow und einige seiner Mitarbeiter wurden zum Verhör vorgeladen, die Telefone einiger Abgeordneter abgehört. Zudem wurde die Seite Opasnite Nowini geschlossen, ist unter anderer Adresse jetzt jedoch wieder im Netz zugänglich.
Derzeit ermittle die Polizei unter Hochdruck, teilte Innenminister Michail Mikow mit. Was mögliche Ergebnisse angeht, so ist die Wochenzeitung Kapital eher skeptisch. Es sei schon traurig, dass bei den Menschen in Bulgarien mittlerweile ein Gewöhnungseffekt eingetreten sei - ab Mitte der 90er-Jahre angesichts wachsender organisierter Kriminalität und nun auch im Hinblick auf eine Selbstjustiz gegenüber Journalisten, Beamten oder Steuerinspektoren, schreibt das Blatt in seiner jüngsten Ausgabe. "Noch schlimmer ist aber der Umstand, dass diese Verbrechen unaufgeklärt und ungesühnt bleiben werden."
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