Physik-Nobelpreis für Teilchenforscher: Quarks, Myonen und Tauonen
Für ihre Arbeit im Bereich der Teilchenphysik werden zwei japanische und ein US-amerikanischer Wissenschaftler ausgezeichnet. Ihre Theorien soll der Teilchenbeschleuniger CERN bestätigen.
Physik bedeutet inzwischen mehr als Hebelgesetz und Elektrizität. Sogar mit dem Wissen über den Aufbau der Atome in Neutronen, Protonen und Elektronen kommt der Laie nicht weiter, wenn über die Forschungsergebnisse der diesjährigen Nobelpreisträger berichtet wird. Yoichiro Nambu aus den USA und seine Kollegen Makoto Kobayashi sowie Toshihide Maskawa aus Japan bekommen, so wurde am Dienstag bekannt, die Auszeichnung aus Stockholm für ihre Forschung in der Teilchenphysik.
Die Objekte jener Disziplin haben Namen, die man eher in einem Fantasyspiel als in einem Lehrbuch vermuten würde. Charm-Quark, Strange-Quark, Bottom-Quark, Top-Quark, Myon, Tauon, Neutrino. Tatsächlich bilden diese Elementarteilchen die Grundbausteine aller zurzeit denkbaren Existenzen.
Die drei nun ausgezeichneten Physiker haben sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Konzept der Symmetriebrechung befasst. Diese wird unter anderem herangezogen, um die Existenz der Materie zu erklären. Dass es das Universum gibt, ist nämlich nicht selbstverständlich. Nach Ansicht der Forscher entstanden beim Urknall vor rund 14 Milliarden Jahren gleiche Mengen von Materie und Antimaterie. Würde die Welt immer symmetrisch funktionieren, hätten sich diese Partikel mit ihren exakt entgegengesetzten Eigenschaften gegenseitig sofort wieder aufgelöst. Ein gigantisches Feuerwerk hätte alle Existenz auf einen Schlag beendet.
Heute lassen sich allerdings keine signifikanten Mengen von Antimaterie nachweisen, wohl aber große Mengen Materie. Galaxien, Sterne, Planeten, Menschen, sogar Zeitungen bestehen aus Materie. Wo aber ist die ganze Antimaterie geblieben?
Durch die Forschung der drei Preisträger ist inzwischen erwiesen, dass Materie und Antimaterie doch nicht völlig symmetrische Bausteine sind. Unsere Welt besteht demnach aus einem kleinen Rest Materie. Die nun geehrten Physiker forschten bereits in den 1960er-Jahren im Gebiet der Teilchenphysik. Ihre Theorien werden inzwischen durch moderne technische Entwicklungen bestätigt. Teilchenbeschleuniger wie der Cern in Genf, der inzwischen nach kurzem Betrieb repariert werden muss, sollen helfen, offene Frage zu beantworten.
Der 64-jährige Makoto Kobayashi arbeitete lange Jahre am japanischen Teilchenbeschleuniger KEK. Wie sein Mitnobelpreistrger, der 68-jhrige Toshihide Maskawa studierte auch Kobayashi an der Universitt der Grostadt Nagoya, wo er 1972 seinen Doktor machte. Später folgte Kobayashi seinem Kollegen an die Universität der alten Kaiserstadt Kioto. Als Assistenzprofessor ging Kobayashi 1979 an das Nationallabor für Hochenergiephysik in Tsukuba in der Nähe von Tokio.
Der Älteste der drei Physiker ist mit 87 Jahren der auch aus Japan stammende Amerikaner Yoichiro Nambu, der 1970 in die USA auswanderte und 40 Jahre lang an der Universität Chicago tätig war.
Ähnlich wie bei Albert Einstein konnten selbst Kollegen dem Forscher Yoichiro Nambu lange Zeit kaum folgen. Die Fachzeitschrift American Scientific zitierte 1995 den Physiker Bruno Zumino mit den Worten: "Ich dachte, ich könnte einen Quantensprung von zehn Jahren schaffen, wenn es mir gelänge, Nambus Gedanken nachzuvollziehen. Also sprach ich lange mit ihm. Doch bis ich endlich verstand, was er mir gesagt hatte, waren zehn Jahre vergangen."
Anders als im vergangenen Jahr, als der Deutsche Peter Grünberg und der Franzose Albert Fert geehrt wurden, deren Arbeit zum Riesenmagnetwiderstand letztlich die Entwicklung von Festplatten ermöglichte, ist noch nicht klar, welche praktischen Auswirkungen die Forschungsresultate der drei in diesem Jahr ausgezeichneten Physiker hat. Wer allerdings nicht an die biblische Geschichte der Genesis glauben möchte, ist mit dem unsymmetrischen Urknall ganz gut bedient.
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